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Teil 12/12: Landwirtschaft

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Anthroposophische Perspektiven - In dieser Aufsatzreihe stellen Autoren beispielhaft Perspektiven der Anthroposophie auf das Lebensgebiet ihrer Berufspraxis vor.

Lebensumgebung

Lebensumgebung außerhalb der Ortschaften geprägt. Das gilt zum einen für die sichtbare Seite unserer Naturumgebung. Als schön und ansprechend empfinden wir vielfältig gegliederte und abwechslungsreich bewachsene Felder, Wiesen und Weiden, zu denen auch die Bereiche zwischen diesen Flächen, zum Beispiel Gehölzraine oder -inseln und Wälder, kleinere und größere fließende oder stehende Gewässer gehören. Wir erleben sie als schöner, sie geben uns eher ein Gefühl von Heimat als ausgeräum te Landschaften mit riesigen Feldern oder eintönigen Kulturen. Zum anderen betrifft die Beeinflussung unserer natürlichen Lebensumgebung durch die Landwirtschaft die eher »unsichtbare« Seite der Natur: Boden, Wasser und Luft. Vielleicht sollte man diese nicht als unsichtbar, sondern stattdessen als die unbeachtete, die als selbst verständlich genommene Seite der Naturumgebung ansprechen. Schon die Bezeichnung ökologische Landwirtschaft drückt ihren engen Bezug zur umgebenden Natur aus. Ökologie ist die Wissenschaft vom Naturhaushalt. Dass eine Landwirtschaft erst dann ein harmonisches Ganzes ist, wenn auch die zu ihren Flächen gehörenden unbewirtschafteten Areale und die nicht direkt genutzte Tierwelt, wie Insekten und Vögel, ihren Raum haben und Beachtung finden, beschreibt Rudolf Steiner im zweiten Vortrag seines landwirtschaftlichen Kurses. Die Schädigungen, die von einer chemisch-technisch geprägten Landwirtschaft auf die für unser Überleben wichtigen Ressourcen Boden, Wasser und Luft ausgehen, kannten die frühen Ökologen noch nicht. Auch nicht das Phänomen der ausgeräumten Landschaft durch umfangreiche Flurbereinigungsmaßnahmen. Das vielfältige Schädigungspotenzial der modernen, konventionellen Landwirtschaft und ihrer politischen Gestalter zeigte sich erst Mitte des 20. Jahrhunderts in voller Deutlichkeit und seither immer ausgeprägter. Durch Verzicht auf Agrarchemikalien und durch eine ganzheitliche Gestaltung der Landwirtschaft mittels vielgliedriger Fruchtfolgen, mit einem an die Flächen angepassten Viehbesatz und örtlich oder regional erzeugtem Futter für diese Tiere bietet die biologisch-dynamische Landwirtschaft Heilungschancen für zerstörte Landschaften. Und sie hilft durch ihr Beispiel beziehungsweise durch ihre Forderungen verhindern, dass es zu weiteren Zerstörungen kommt. Landwirtschaft lässt sich nicht standardisieren; sie muss je nach den örtlichen Gegebenheiten bei Böden und Gelände, Wasserverfügbarkeit, Temperaturen sowie Ausprägung der Jahreszeiten immer wieder anders gestaltet werden. »[…] Sie […] können […] die Vorstellung haben, dass allem Lebendigen ein […] mehr oder weniger festes oder mehr oder weniger fluktuierendes kohlenstoffartiges Gerüst zugrunde liegt, auf dessen Bahnen sich das Geistige bewegt durch die Welt.« Rudolf Steiner im Vortrag am 11. Juni 1924 4

STANDORTGEBUNDENHEIT DER LANDWIRTSCHAFT Die Standortgebundenheit der Landwirtschaft ist ihr immanenter Widerspruch gegen eine globalisierte Einheitsbewirtschaftung mit nur wenigen Kulturpflanzen, immer den gleichen technischen und chemischen Hilfsmitteln und den geballten Tierhaltungsformen der konventionellen Landwirtschaft. Letztere bringen den Tieren unendliches Leid und zeigen schädliche Auswirkungen auf Boden, Grundwasser und Luft. Denn die Ausscheidungen der Tiere stellen in dieser Masse ein gewaltiges Entsorgungsproblem und Schädigungsmittel dar, während sie bei der flächengebundenen Tierhaltung des biologischdynamischen Landbaus wertvoller Dünger und wesentlich für die Bodenfruchtbarkeit sind. Die biologisch-dynamische Landwirtschaft sieht landwirtschaftliche Viehhaltung nicht nur nicht als ein schädliches Element der Landwirtschaft an; sie verlangt vielmehr sogar, dass stets Tiere auf einem Betrieb (oder auf dem Partnerbetrieb einer Kooperation) gehalten werden. Nur dann läuft ein solcher Betrieb nachhaltig rund. Landwirtschaft arbeitet mit dem natürlichen Rhythmus des Werdens und Vergehens im Jahreslauf. Dem Beschleunigen, Vereinfachen, Normieren der Abläufe durch technische oder chemische Mittel sind enge Grenzen gesetzt. Wo man doch versucht, diese zu durchbrechen, mehren sich die Probleme durch Abfall oder Rückstände, und es entstehen Gesundheits- oder Qualitätsprobleme. Dem biologisch-dynamischen Landbau ist ein wesensgemäßer Umgang mit den Lebewesen ein zentrales Anliegen. Dazu passt nicht, was Konzept der konventionellen Landwirtschaft geworden ist: die Pflanzen mit in die Bodenlösung gegebenen Salzen zu ernähren, die Tiere, die sich ja durch Bewegungsvermögen und -drang sowie durch Empfindungsfähigkeit auszeichnen, auf engem Raum in großer Zahl in Ställen zusammenzusperren und sie durch Hormongaben und bestandsweite Medika mentierung »fit« für diese Haltungsformen zu machen. DIE PRODUZENTEN SIND BODEN, PFLANZEN UND TIERE Unser Essen setzt sich zum größten Teil aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen zusammen. Die eigentlichen Produzenten sind jedoch nicht die Bauern, sondern die Böden, die Pflanzen und die Tiere. Ihrem Wachstum, ihrer Fortpflanzung, ihrer Fruchtbarkeit und Lebendigkeit verdanken wir letztlich, dass wir Essen haben. Früchte, Samen, Milch und Eier – all diese Produkte entstehen natürlicherweise im Rahmen der Fortpflanzung von Pflanzen und Tieren. Der Landwirtschaft treibende Mensch gestaltet die Bedingungen, sodass die gewünschten Pflanzen gut wachsen, die Tiere mit den bevorzugten Eigenschaften sich vermehren können und gedeihen. Den Überschuss entnimmt er zur eigenen Nahrung. »Düngen heißt den Boden verlebendigen«, sagt Rudolf Steiner in seinem landwirtschaftlichen Kurs. Dies ist das Düngekonzept des biologischdynamischen Landbaus: Der Bauer ernährt das Bo denleben, nicht die Pflanzen, wie es die Agrar wissenschaften seit Jahrzehnten lehren. Das große Wunder und »perpetuum mobile« jeglicher Art von Landwirtschaft ist die Photosynthese der Pflanzen, also das Sich-Bilden der pflanzlichen Substanz am Sonnenlicht aus Wasser und Kohlendioxid. So lange die Sonne scheint, Wasser da ist, die Temperaturen stimmen und Kohlendioxid vorhanden ist, wachsen und entwickeln sich Pflanzen, bilden zunächst grüne Blätter, dann Blüten und schließlich Früchte beziehungsweise Samen. Von der grünen Pflanzensubstanz ernähren sich Mensch und Tier ebenfalls. Grundnahrungsmittel der Menschen praktisch überall auf der Welt ist Getreide, dessen Samen gewonnen, aufbereitet und verzehrt werden. In un seren Breiten sind es in erster Linie Weizen und Roggen, aus denen wir unser Brotgetreide gewinnen. In anderen Weltgegenden sind Mais oder Reis die Grundnahrungsmittel, ebenfalls Getreide, deren Samen verzehrt werden. Pflanzliche Reste, die auf dem Feld verbleiben, ernähren das Bodenleben, das heißt Mikroorganismen, Insekten, Regenwürmer. Auch die Ausscheidungen der landwirtschaftlichen Tiere, die als Dünger ausgebracht werden, fördern das Bodenleben und ernähren es. Das Bodenleben macht die eigentliche Bodenfruchtbarkeit aus, verstanden als die Fähigkeit eines Bodens, nachhaltig, das heißt Jahr um Jahr, gute Erträge zu liefern. Düngen heißt den Boden verlebendigen, sagt Steiner im vierten Vortrag des landwirtschaftlichen Kurses. In kürzester Form ausgedrückt ist dies das Düngekonzept des biologisch-dynamischen Landbaus: Der Bauer ernährt das Bo denleben, nicht die Pflanzen, wie es die Agrarwissenschaften seit Jahrzehnten lehren. Der Landwirt düngt so, dass die düngenden Substanzen über das belebte Erdige, nicht das tote Mineralische den Pflanzenwurzeln zur Verfügung stehen. Mineralien, die in die Bodenlösung ge geben werden, von wo die Pflanzen sie dann aufnehmen müssen, sind ja nicht lebendig. LANDWIRTSCHAFT 5

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