ZU BESUCH BEI SABINO LEONE ZU BESUCH BEI SABINO LEONE Sabino Leone setzt auf reines, authentisches Olivenöl, das sorgfältige Arbeit, Leidenschaft und ein bisschen Eigensinn erfordert. Dabei blickt der Familienbetrieb auf eine lange Tradition zurück und nutzt die Kraft jahrhundertealter Olivenbäume. Mit dem Mut eines Löwen D ie Stadt Canosa di Puglia, an den Ausläufern der Hochebene Alta Murgia, liegt in der Flussebene des Ofanto. Sie erlebte ihre erste Blütezeit in der griechischen Antike. Zur Römerzeit wurde sie zur Haupt stadt Apuliens, bevor byzantinische, saraze nische und normannische Kulturen hier ihre Spuren hinter ließen. Vor den Toren der Stadt ist der Ölpro duzent Sabino Leone beheimatet. »Selbst Tante Lucia darf nicht eine einzige Olive bei ihrem Bruder pressen lassen«, erzählt Nino, der Sohn von Sabino Leone, lachend bei einem Spaziergang durch einen 200 Jahre alten Olivenhain. »Schon gar nicht die Nachbarn«, wirft der Vater mit seiner kräftigen, poltrigen Stimme ein. »Ich vertraue nur mir selbst! Ich weiß doch gar nicht, wie gut oder schlecht andere in ihren Olivenhainen arbeiten.« Sabino, sein Sohn Nino und Tochter Maddalena, die sich um die Verwaltung des Betriebes kümmert, sind sich einig: »Wir wollen ein reines, un ver fälschtes Lebens mittel produzieren.« Und der 63-jährige Sabino ergänzt: »Meine Kinder und Enkelkinder sollen gesunde Lebensmittel auf dem Teller haben.« Das italienische Wort »genuinità«, das er zur Beschreibung nutzt, hätte er besser nicht wählen können. Es steht für Echtheit, Ursprünglichkeit, Unverfälschtheit und Reinheit. Es dürfen sich keine Rückstände von Mineralölen in ihrem Olivenöl finden lassen. Sie haben dafür extra einen Entwicklungsplan aufgestellt: »Wir lassen zum Beispiel regelmäßig die Oliven auf Mineralölspuren kontrollieren, arbeiten mit Traktoren und Landwirtschafts maschinen der neuesten Generation«, erklärt Nino. Wenn Rohre Risse bekommen, werden sie nicht re pariert, sondern sofort aus getauscht, um kein Risiko einzugehen. »Gerade haben wir eine neue Flaschenabfüll anlage eingeweiht. Sie gründlich zu reinigen und regelmäßig zu warten, ist uns sehr wichtig«, betont er. Maddalena, Sabino und Nino Leone freuen sich über die gute Entwicklung der Oliven im »Hain der 200-Jährigen«. ÜBER SABINO LEONE • Sabino Leone bewirtschaftet 300 Hektar landwirtschaftlich, davon sind 180 Hektar Olivenhaine (32 Hektar Bio) • 2021 wurden etwa 300 000 Liter Bio-Olivenöl hergestellt, vor allem aus den Olivensorten Coratina und Peranzana • Abfallverwertung: aus den Olivenkernen wird Kraftstoff gewonnen, Reste aus der Ölproduktion werden als organische Dünger genutzt, Olivenblätter gehen in die Tierfutter-Produktion • 20 feste Mitarbeitende und rund 15 Saisonkräfte IMPOSANTE BAUMRIESEN, STOLZE GESCHICHTE Der 28-Jährige kümmert sich im Familienbetrieb neben der Flaschenabfüllung und dem Verkauf um das Kleinod des Betriebes – den 85 Hektar großen Bio-Oliven hain mit den über 200 Jahre alten Baum riesen der Sorte Coratina. Dieser Hain ist eng mit der Geschichte von Familie Leone verbunden. Sabinos Urgroßvater hat auf diesem Flecken Erde nahe der geschichtsträchtigen Stadt Canosa di Puglia zu genau der Zeit Wurzeln geschlagen, als die Adelsfamilie Covelli auf der Masseria – so werden in diesem Teil von Apulien die Gutshöfe genannt – die Olivenbäume pflanzen ließ. Wie der Urgroßvater und Großvater kümmerte sich auch Sabinos Vater um die Verwaltung der Masseria. Als in den 1950er-Jahren die Industrialisierung an Tempo aufnahm und so eine Landflucht begann, pachtete er erstmals ein kleines Stück Land für 500 Liter Olivenöl und 500 Kilogramm Weizenmehl. Mit den Jahren kaufte die Familie kontinuierlich Ackerflächen, Weinstöcke und Olivenhaine dazu. Sabino selbst wurde 1960 im Gutshaus geboren und nach dem Schutzheiligen von Canosa benannt, dessen verwitterte Statue sich noch heute am Dachgiebel des Hauses findet. Bis in die 1970er-Jahre lebte die Familie Leone in der Masseria in beengten, dunklen Räumen ohne Strom und Heizung. WEIN ODER OLIVENÖL WAR DIE FRAGE Früh wurde Sabinos Liebe zum Olivenöl geweckt, er wuchs in den Familienbetrieb hinein. Als er ihn vor rund 20 Jahren von seinem Vater übernahm, sorgte er sich jedoch ernsthaft um dessen Zukunft. Er fragte sich oft, wenn er spät am Abend von den Feldern zu seiner Frau Das native Olivenöl extra in Bio-Qualität von Sabino Leone erinnert mit seinem Duft an grüne Mandeln und Kräuter vom Feld. Es passt zu rotem Fleisch, Pasta und Reis, Salat und Eintopf. Vom Dachgiebel der alten Masseria schaut der Schutzheilige von Canosa auf den neuen Eigentümer hinunter: Sabino Leone. Der Landwirtschaftsbetrieb von Sabino Leone aus der Vogelperspektive. Maria und den beiden Kindern Maddalena und Nino heimkehrte, wohin die Reise gehen soll. »Mit Massenproduktion hätten wir nicht überlebt«, ist sich Sabino heute sicher. »Wir mussten eine eigene Marke, ein Qualitätsprodukt schaffen.« Wein oder Öl war die Frage. Doch gerade zur Zeit der Jahrtausendwende begann eine stille Revolution in der Olivenölproduktion, auf den Feldern wie auch in den Olivenmühlen. Eine neue Generation, Sabinos Generation, wollte etwas anders machen. Sie nahmen Agronomiefachleute, Universitäten und Ingenieurbüros mit ins Boot, um das Beste aus der Olive herauszuholen. Hier sah Sabino seine Chance und investierte in eine hochmoderne Ölmühle. Angst vor dem Risiko hatte er kaum. »Ich bin durch und durch Bauer, das habe ich einfach im Blut. Wenn man nur rechnet, kommt man nicht weit. Es braucht Leidenschaft, um einen Lebens traum zu er füllen. Das ist eine einfache Lebensregel, oder?«, fragt Sabino feststellend. Übrigens, einen weiteren Traum hat er sich gerade erfüllt. Er hat vor einigen Monaten das Gutshaus, in dem er geboren wurde, vom letzten Nachkommen der Adelsfamilie Covelli gekauft. Um es auf Vordermann zu bringen, braucht es wieder Mut, Durchhalte ver mögen und Leidenschaft. Daran mangelt es bei Familie Leone nicht. Die deutsche Übersetzung von »Leone« ist Löwe … KK 38 Alnatura Magazin September 2022 Alnatura Magazin September 2022 39
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