ALNATURA BEWEGT »Wir stoßen ganz bewusst eine Entwicklung auf den Höfen an« Im Gespräch mit den Kolleginnen Dr. Christina Well und Nina Rossel, die die Alnatura Weidemilch-Initiative maßgeblich auf den Weg gebracht haben. Was ist das Besondere an der Alnatura Weidemilch, steht nicht jede Bio-Kuh auf der Weide? Dr. Christina Well: »Ja und nein. Die EU- Bio-Verordnung schreibt vor, dass die Kühe Zugang zu Weideland haben müssen. Das allerdings mit dem Zusatz: Wann immer die Umstände dies gestatten. Die Formulierung lässt also Spielraum für Ausnahmen. Die Gründe, weshalb von einem Zugang zu Weideland abgesehen werden kann, sind nicht näher geregelt. Die meisten Bio- Betriebe setzen Weidehaltung natürlich um, aber eben nicht alle. Für die Alnatura Weidemilch-Produkte gibt es solche Ausnahmen nicht.« Wie ist die Alnatura Weidemilch- Initiative entstanden? Nina Rossel: »Wir stellen uns regelmäßig mit den Herstellerpartnern die Frage, ob unser Handeln sinnvoll für Mensch und Erde ist. Und bei Milchprodukten oder Wurst natürlich, ob noch mehr Tierwohl möglich ist. So fing es mit der Alnatura Weidemilch- Initiative an, denn Weidehaltung hat ein klares Tierwohl-Plus. Daher war auch schnell klar, dass wir nicht nur die reine Milch, sondern unser gesamtes Molkereiprodukte- Basissortiment auf diese neue Qualitätsstufe heben. Ein großes Vorhaben für Alnatura! Doch wir haben enge und langjährige Partner, die bereit waren, diesen wichtigen »Wir stellen uns regelmäßig mit den Herstellerpartnern die Frage, ob unser Handeln sinnvoll für Mensch und Erde ist. Und bei Milchprodukten oder Wurst natürlich, ob noch mehr Tierwohl möglich ist. « Nina Rossel betreut seit mehr als drei Jahren im Alnatura Produktmanagement das Sortiment der Molkereiprodukte. 10 Alnatura Magazin März 2024
Schritt gemeinsam zu gehen. So wie die Upländer Bauernmolkerei, mit der wir seit 1997 zusammenarbeiten.« Dr. Christina Well: »Richtig, ohne unsere langjährigen Partner könnten wir Projekte wie die Alnatura Weidemilch-Initiative nicht realisieren.« Es wird also nicht nur Milch, sondern auch weitere Produkte in Weidemilch- Qualität geben? Nina Rossel: »Genau. Wir konnten neben der Upländer Bauernmolkerei drei weitere Molkereien für die Initiative gewinnen. In den nächsten Monaten werden die Kundinnen und Kunden daher mehr als 30 Alnatura Produkte in Weidemilch-Qualität in den Regalen finden. Also nicht nur Milch und Butter, sondern auch Quark, Fruchtjoghurt und vieles mehr. Alle gut erkennbar am Siegel der Alnatura Weidemilch-Initiative. Hinter den Produkten stehen etwa 820 Bio- Landwirtinnen und -Landwirte mit ihren über 35 000 Kühen, die dann nach den Alnatura Weidemilch-Kriterien gehalten werden. Also Kühe, die an mindestens 120 Tagen im Jahr und für mindestens sechs Stunden am Tag auf der Weide stehen. Mindestens, wohlgemerkt, oft ist es länger.« So viel zur Zeit, die eine Kuh auf der Weide steht. Die Alnatura Weidemilch- Kriterien fordern darüber hinaus tausend Quadratmeter Weidefläche pro Tier. Was machen Betriebe, die diese Anforderung nicht erfüllen können? Dr. Christina Well: »Jeder Quadratmeter zählt. Unser Ziel ist es, dass ein möglichst großer Anteil des Futterbedarfs für die Kühe über die Weide- beziehungsweise Graslandflächen des Hofes gedeckt wird. Kann ein Hof diese Weidefläche momentan nicht zur Verfügung stellen, so muss er ein Konzept zur Maximierung vorlegen. Dieses beinhaltet zum Beispiel eine Übersicht der möglichen Weideflächen, der Weidestrategie und der Infrastruktur. Am Ende beschreiben die Landwirtinnen und Landwirte ihre individuellen Möglichkeiten, ein Maximum an Weide anzubieten. Wir stoßen mit der Alnatura Weidemilch-Initiative ganz bewusst eine Entwicklung auf den Höfen an.« Warum ist Bio-Weidemilch eigentlich teurer? Dr. Christina Well: »Um die Tiere auf die Weide zu lassen, braucht es natürlich eine entsprechende Infrastruktur. Angefangen beim Weg vom Stall auf die Weide, der abgesichert sein sollte und auf dem die Tiere gut laufen können. Oder die Wasserversorgung, die manchmal sehr aufwendig unter der Erde verlegt werden muss. Nicht zu vergessen die Zäune, die es zu setzen und zu erhalten gilt. Sind Weide und Stall zu weit voneinander entfernt, was mitunter vorkommt, müssen Betriebe sogar auf Weidemelken umstellen. All dies erfordert Investitionen und nimmt wertvolle Arbeitszeit in Anspruch – und das nicht nur während der Umstellung auf Weidehaltung, sondern auch später, wenn alles eingespielt ist. Außerdem geben die Kühe bei Weidehaltung weniger Milch im Vergleich zur ganzjährigen Stallhaltung. Für Alnatura ist es wichtig, dass die landwirtschaftlichen Partner für alle Nachhaltigkeitsleistungen, die sie als Bio-Betriebe erbringen, auch fair entlohnt werden. Nur so können sie ihre Höfe langfristig biologisch bewirtschaften.« Nina Rossel: »Das muss man sich immer bewusst machen: Wenn wir die Nachhaltigkeitsleistungen, die die Bio-Betriebe erbringen, als Gesellschaft nicht honorieren, werden die Höfe über kurz oder lang aufgeben müssen.« Das Gespräch führte Anja Waldmann. Schon im April folgen die nächsten Produkte in Alnatura Weidemilch-Qualität: Schlagsahne, Schmand und saure Sahne. »Für Alnatura ist es wichtig, dass die landwirtschaftlichen Bio-Partner für all ihre Nachhaltigkeitsleistungen auch fair entlohnt werden. Nur so können sie ihre Höfe langfristig biologisch bewirtschaften.« Dr. Christina Well steht als promovierte Agrarmanagerin und Alnatura Tierwohlexpertin in engem Austausch mit den Herstellerpartnern und Höfen. Alnatura Magazin März 2024 11
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