Aufrufe
vor 2 Jahren

Alnatura Magazin März 2022

  • Text
  • Linsen
  • Orient
  • Kostbar
  • Persische kueche
  • Fladenbrot
  • Linseneintopf
  • Mein alnatura
  • Pfandglas
  • Mehrweg
  • Unterwegs mit baby
  • Pumpkin organics
  • Weideschuss
  • Weingut brand
  • Huelsenfruechte
Alles für den Bio-Landbau // Gesellschaft: Tierwohl heißt Verantwortung // Lasst uns kochen: Die persische Küche entdecken

ALNATURA BEWEGT

ALNATURA BEWEGT auskommen, Hitze und Kälte ertragen. Du gehst mit den Schafen durch dick und dünn, spürst, wie sie dir vertrauen«, versucht Markus die Faszination, Anstrengung und das Abenteuer Wanderschäferei zu beschreiben. »Und du lernst unterwegs nicht nur andere Menschen kennen, sondern auch dich selbst. Wenn tagelang keine Menschenseele zu sehen ist, musst du schon gut mit dir allein auskommen können«, hat Markus gelernt. »Wenn du aber viel Glück hast, kannst du unterwegs sogar die große Liebe finden«, fügt er lachend hinzu. Seine Frau Sandra lernte er zufällig auf einem Bauernhof kennen, als er in seiner Not, so tief wie der Schnee, für seine Schafe dringend Heu besorgen musste. Heute sind sie 20 Jahre verheiratet, ihre drei Kinder erwachsen. Gemeinsam haben sie in Deining in der Oberpfalz die Demeter-Schäferei – den Hagnerhof – aufgebaut. MIT AUGE UND GESPÜR Franziska und ihr Vater machen sich mit einem voll beladenen Jeep auf den Weg zur Wiese. Als sie das Gatter öffnen, drängeln sich die Tiere ungeduldig hinaus. Markus läuft vor den 400 Mutterschafen, den Zibben, und deren Lämmern voran. Franziska bleibt hinten. Drei Hunde halten die Schafe zusammen, darunter auch Beppo. Franziska pfeift und ruft ihnen Befehle zu. Als sie die noch vom Nebel dampfende Wiese erreichen, schauen sich die Schafe gelangweilt um. »Sie hätten lieber einen frischen Futterplatz«, so Franziska. Aber erst, wenn alles ordentlich abgefressen wurde, geht es weiter. Die junge, zierliche Frau in dem langen Schäfermantel stützt sich mit beiden Händen auf ihre Schäferschippe, wie der Hirtenstab genannt wird, und beobachtet die Tiere. Mittlerweile haben sie mit dem Fressen angefangen und genießen wie Franziska die Wärme der Sonne. Markus gesellt sich zu seiner Tochter. »Welche Lämmer würdest du zur Zucht aussuchen?«, fragt er nebenbei. Sie sieht sich eine Weile um. Dann wählt sie sicher ihre Favoriten. »Franziska hat ein gutes Auge, welche Widder geeignet sind. Sie spürt auch sehr schnell, wenn es einem Tier nicht so gut geht«, freut sich der Vater. SCHAFE PFLEGEN ÄCKER UND WIESEN Markus’ Jüngste wird einen leichteren Berufsstart haben als er selbst, obwohl sich die Bedingungen für die Wanderschäferei konti nuierlich verschlechtern. Nur noch fünf Wanderschäfereien »Ein Leben ohne die Schafe ist für mich unvorstellbar.« Franziska Schenk zählt die Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände e. V. »Selbst ich könnte heute ohne die zusätzliche Stallhaltung nicht mehr überleben«, so Schenk. Dabei wurde die Wanderschäferei in Bayern und Baden-Württemberg zum immateriellen UNESCO­ Kulturerbe ernannt. Schafe werden bei niedrigen Woll- und Fleischpreisen zum Kostenfaktor. Immer neue Straßen zerschneiden die Landschaft, Triebwege verschwinden, Felder werden zu Bauland oder deren Pacht unbezahlbar. »In unserem Dorf gibt es keine weitere Viehhaltung mehr. Viele Bauernfamilien geben auf und mit ihnen geht der Dorfcharakter verloren«, bedauert Markus die Entwicklung. »In der intensiven Landwirtschaft kommen Stoppelfelder kaum noch vor und Schafherden sind oft nicht mehr erwünscht. Viele Bäuerinnen und Bauern wissen gar nicht mehr, dass der Schaftrieb über ihre Felder ein Segen ist. Nach dem Abgrasen sind die Wiesen und Äcker gepflegt und gedüngt, Mäuselöcher werden zugetrampelt. Bei manchen Saaten entfällt das mechanische Festwalzen und die Wintersaat treibt nach einem frühen Abgrasen kräftiger aus. Nicht umsonst spricht man vom ›goldenen Tritt und scharfen Biss‹«, so Schenk. Schafherden sorgen dafür, dass Kulturlandschaften und Naturschutzgebiete erhalten bleiben. »Für mich sind ökologischer Landbau und Landschaftspflege Priester tum an der Erde«, betont er. Es ist dunkel geworden und wieder kalt. Alle Arbeit ist getan. Zu Hause setzt sich Franziska müde, aber gut gelaunt mit den anderen an den gedeckten Tisch. Wenn die Schafe entspannt und mit vollen Bäuchen in den neuen Pferch einmarschiert sind, war es für Franziska – so wie heute – ein guter Tag. KK Diesen Beitrag finden Sie auch im Alnatura Magazin Online. alnatura.de/schaeferin 24 Alnatura Magazin März 2022

Die Schäferschippe, das Erkennungszeichen der Wanderschäferinnen und -schäfer, ist vielseitig einsetzbar. Oben auf ihrem Stiel sitzt die eiserne Schippe. Damit kann Franziska giftige Pflanzen auf der Wiese ausstechen. Beim Treiben zeigt sie damit den Hunden die Laufrichtung an. Mit dem kleinen Haken fängt sie verletzte Schafe ein. ÜBER DIE DEMETER- SCHÄFEREI SCHENK • fünf Festangestellte (davon drei der Familie) • 68 Hektar Acker, Weiden und Wiesen in Pacht • 1 800 Mutterschafe, zwölf Böcke und etwa tausend Lämmer • hundert Ziegen, zwei Esel und weiteres Kleinvieh • Holzstall mit Platz für 1 500 Tiere • Vermarktung von Schlachttieren • Landschaftspflege auf etwa 700 Hektar Solidarität beginnt auf dem Acker 200 Bio-Bäuerinnen und -Bauern der Oberpfalz und Alnatura wollen Partner werden. D as erste Treffen zwischen Markus Schenk, Schäfermeister und Vorsitzender der Bio-regionalen Genossenschaft Oberpfalz (BIregO), die auf Druschfrüchte ausgerichtet ist, und Rüdiger Kasch, Geschäftsführer von Alnatura, fand auf Socken am Küchentisch der Schenks bei Kaffee und Kuchen statt. Trotz Schnee- und Sturmwarnungen hatte sich Rüdiger Kasch vom Alnatura Campus in Darmstadt in die Oberpfalz nach Deining aufgemacht. Sie sprachen über die Situation der Bio­ Bäuerin nen und -Bauern in Deutschland, über schwierige EU-Verordnungen, die diese vor Herausforderungen stellen, und viele brisante Themen mehr. Aber vor allen Dingen ging es darum, auszuloten, wie Alnatura und die 200 Bio-Landwirtinnen und -Landwirte der Genossenschaft BIregO zukünftig zusammenarbeiten könnten. Denn auch selbst vor Ort den Ausbau der Bio-Landwirtschaft zu fördern und zu unterstützen, ist Teil der DNA von Alnatura. Alnatura Magazin: Was erhoffen Sie sich von einer Zusammenarbeit? Markus Schenk: »Wir Landwirtinnen und Landwirte sind die Ersten in der Wertschöpfungskette und die Letzten, die bezahlt werden. Das muss sich ändern. Wir müssen Saatgut vorlegen, Transporte, Reinigung und Lagerung des Getreides und den Transport zur Mühle bezahlen. Vom Wetter abhängig sowie schwankenden Marktpreisen und Absatzmöglichkeiten ausgesetzt, stehen wir oft mit dem Rücken zur Wand. Die Pacht­ Alnatura Geschäftsführer Rüdiger Kasch (links) im Gespräch mit dem Schäfermeister und BIregO-Vorsitzenden Markus Schenk preise für Äcker hier in der Region haben sich zum Beispiel von 2,50 Euro pro Quadratmeter vor zwölf Jahren auf 6,78 Euro erhöht – das wird unbezahlbar. Der Boden verkommt zum Spekulationsobjekt. Wir brauchen einen Wertewechsel, weg vom Ausverkauf unserer Lebensgrundlagen, hin zu mehr Respekt für Mutter Erde. Ohne Landwirtschaft geht gar nichts. Sie bildet unsere Lebensgrundlage. Eine solidarische Wertschöpfungskette beginnt auf dem Acker.« Rüdiger Kasch: »Da setzen wir an. Die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln in Deutschland steigt kontinuierlich. Um den Bedarf zu decken, eröffnen wir weitere Alnatura Super Natur Märkte und versorgen immer mehr Partner mit Bio-Lebensmitteln, sei es über Hofläden, in Eigenregie betriebene Alnatura Partnermärkte sowie über mit uns koope rierende Supermärkte. Um der steigenden Nachfrage bei gleich hoher Qualität gerecht zu werden, braucht es stabile und langfris tige Kooperationen. Deshalb suchen wir den direkten Kontakt zu den Bäuerinnen und Bauern. Wir setzen auf Augenhöhe und Vertrauen.« Worin spiegelt sich für Sie Vertrauen konkret wider? MS: »In fairen Preisen, damit die Bauernhöfe überleben können. Darüber hinaus benötigen wir Planungssicherheit und Absatzgarantien.« RK: »Langfristige Verträge mit Landwirtschaftsbetrieben sind bei Alnatura Standard. Wir verpflichten uns auch zur hundertprozentigen Abnahme der Ackerfrüchte. Die Bio-Qualität muss aber stimmen.« Alnatura Magazin März 2022 25

digitale Sammlung

Neu eingetroffen

© 2021 by Alnatura