ZU BESUCH BEI LA TRAVERSATA »Wir wollen den demokratischen Wein« Giacomo Ardagne (links) zeigt seinen Gästen Giovanni Corvezzo (Mitte) und dessen Mitarbeiter Niccolò Dalla Colletta die Reben inmitten von blühenden Beikräutern und Ackerbohnen. »La Traversata« bedeutet auf Deutsch sinngemäß »wo sich Wege kreuzen«. Wir möchten wissen, was hinter dem Projekt von Winzer Giovanni Corvezzo steckt, und begleiten ihn bei einer Reise nach Sizilien – dorthin, wo alles seinen Anfang nahm. S ein großes Aha-Erlebnis hatte Giovanni Corvezzo, als er französische Bio-Winzer besuchte. Begeistert kehrte er ins heimische Weingut im kleinen Ort Cessalto in der Region Venetien zurück – mit dem Ziel, fortan auf Bio zu setzen. Aber sein Vater und sein Onkel waren skeptisch. Dann der Kompromiss: Giovanni musste von seiner eigenen Familie einen Weinberg pachten und das Risiko allein tragen. Der Erfolg gab ihm aber recht und überzeugte auch die Familie. Heute, über 20 Jahre später, bewirtschaftet das Weingut Corvezzo rund 270 Hektar zu hundert Prozent biologisch und ist die Nummer eins im Bio-Anbau von Prosecco und Pinot Grigio in Italien. WO SICH WEGE KREUZEN Giovanni ist ein ambitionierter Winzer. Er ruht sich nicht auf dem Erfolg aus und hat mit seinem Team das Projekt »La Traversata« entwickelt. Unter dieser Marke soll sich die Vielfalt des italienischen Weines widerspiegeln. »Es geht uns um ihren ursprünglichen, regionalen Charakter«, erklärt Giovanni. Die Venezianer arbeiten bereits mit Weingütern in den Abruzzen, den Marken, in Apulien, der Toskana und eben auf Sizilien zusammen. »Wir wollen den demokratischen Wein«, sagt er bestimmt. Was dahintersteckt, erfahren wir in Sizilien, genauer gesagt in Marsala, eine Autostunde von Palermo entfernt. Hier 26 Alnatura Magazin Juni 2023
ZU BESUCH BEI LA TRAVERSATA Um 1800 entstanden in Marsala große britische Kellereien. Sie gaben ihrem Likörwein den Namen der Stadt. Heute reift in diesen Hallen unter anderem auch der Nero d'Avola. Giovanni Corvezzo (links) und Niccolò Dalla Colletta bei der ersten Verkostung des neuen Nero d’Avola. lebt und arbeitet Giacomo Ardagne. Mit ihm begann die neue Partnerschaft. Er ist Winzer und zugleich Agronom und betreut selbst seit Jahren Weingüter in ganz Italien, die auf biologischen Weinbau umstellen wollen. »Auch uns hat er viel geholfen«, bemerkt Giovanni. Und so funktioniert es: Giacomo produziert den Nero d'Avola, der jetzt auch bei Alnatura erhältlich ist. Es ist eine einheimische Traube und die am meisten angebaute Sorte auf Sizilien. Giovanni bezahlt Giacomo eine jährliche Pacht für seinen Weinberg. »Bio-Wein benötigt einfach mehr Arbeit. Durch die Pacht können wir einen fairen Preis garantieren«, erklärt der Winzer aus Venetien. Vier bis fünf Mal im Jahr fahren Giovanni und seine Agronomen zu ihren Partnern in den einzelnen Regionen. Sie prüfen, wie die Reben wachsen, geben Tipps, wo eingegriffen werden muss, wenn bei den Pflanzen Probleme auftreten, oder suchen gemeinsam nach dem besten Zeitpunkt der Weinlese. Ist der Wein dann in den Silos gereift und wurde gefiltert, geht er nach Venetien, wo er in der Kellerei von Giovannis Familie nochmals auf seine Qualität geprüft und dann in Flaschen abgefüllt wird. Auf dem Etikett steht der Markenname »La Traversata«. Bezahlbar soll der Qualitätswein sein, das gehört auch zum Konzept der demokratischen Weine. DER SCHWARZE VON AVOLA Wir sind im Weinberg angekommen. Zwischen den Reihen der Rebstöcke blüht es bunt: Borretsch, Kamille und Gänseblümchen. Alle zwei Reihen stehen dicht gedrängt und hüfthoch Saubohnen in kräftigem Grün. »Sie versorgen die Reben mit Stickstoff, werden bald gemäht und als Gründünger auf dem Feld belassen«, erklärt Giacomo. Nach der Stippvisite auf dem Feld geht es Richtung Hafen zur Winzerei, um den Nero d‘Avola zu verkosten, der hier in den geschichtsträchtigen Hallen in Edelstahl-Silos reift. »Hundert Prozent Nero-d‘Avola-Trauben. Er ist noch ungefiltert«, bemerkt Giacomo und reicht Giovanni ein Glas gefüllt mit dem jungen Wein. Auf die Reifung im Holzfass wird verzichtet, um die Authentizität und den Charakter der Traube zu bewahren. Giovanni hält das Glas gegen das Licht, fragt nach der Gradation (Mostgewicht, Indikator für ÜBER LA TRAVERSATA • ein Projekt des Familienbetriebes Corvezzo, das in Zusammenarbeit mit verschiedenen Bio-Weingütern in den einzelnen Regionen Italiens typische Regional weine zusammenfasst • das Weingut Corvezzo selbst produziert auf rund 270 Hektar in der Nähe von Treviso Pinot Grigio und Prosecco den zu erwartenden Alkoholgehalt). »13,5«, weiß Giacomo. Tiefrot ist der frische Wein, fast schwarz. Das gab der Traube auch ihren Namen. Nero d’Avola bedeutet »Der Schwarze von Avola«. Avola ist der Ort, an dem die Traube zuerst kultiviert wurde. Giovanni riecht am Wein. »Er ist schon schön offen, würzig«, lobt er. »Kapern nehme ich als Erstes wahr, dazu weißen und schwarzen Pfeffer.« Er schwenkt das Glas, riecht erneut und schlürft einen Schluck: »Mediterrane Kräuter wie Rosmarin, Salbei, Thymian, ganz typisch für diesen Wein. Auch das Aroma von Himbeeren, Kirschen und Johannisbeeren kommt durch.« Giovanni schaut zu seinem sizilianischen Freund hinüber. »Kompliment!« – »Wir scherzen nicht«, antwortet Giacomo mit breitem Grinsen und zwinkert seinem Gast zu. Beide lachen. Es ist ein spannender und demokratischer Nero d’Avola, ein »La Traversata« eben. kk Neben dem Primitivo aus Apulien findet sich unter der Marke La Traversata nun auch der Nero d'Avola aus Sizilien im Regal bei Alnatura. Alnatura Magazin Juni 2023 27
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