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Alnatura Magazin Juni 2020

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40 JAHRE »ALTERNATIVER

40 JAHRE »ALTERNATIVER NOBELPREIS« Tony Rinaudo und die Renaturierung der Wüste Für die Menschen in der ausgedorrten Sahelzone muss der Entwicklungshelfer aus dem fernen Australien damals in den 1980er-Jahren wie ein Verrückter gewirkt haben, dem die Sonne das Gehirn ausgetrocknet hatte. Denn er schnippelte mit einem alten Teppichmesser an vertrockneten Wurzeln herum und redete scheinbar wirr daher, dass er dabei sei, die Wüste aufzuforsten. 30 Jahre später sind die Wälder in Westafrika so groß, dass man sie vom Weltraum sehen kann, der Wald- und Wüstenkauz Tony Rinaudo ist ein weltweit gefeierter Pionier der Renaturierung und seit zwei Jahren zudem Träger des »Alternativen Nobelpreises«. Alles begann mit einer Reifenpanne im Nirgendwo. Als Tony Rinaudo sich neben dem Auto niederkniete, entdeckte er, dass mitten in der Wüste Westafrikas aus einem Baumstumpf ein junger Trieb wuchs. Rinaudo sah sich um und entdeckte, dass überall winzige Triebe aus dem Sand sprossen. Er ahnte das Unglaubliche: Unter der Wüste verbarg sich ein dichtes Wurzelwerk längst gefällter Wälder. Dort, wo die Wurzeln noch intakt waren, wurde die Wüste aufgehalten. »Zwei Jahre lang war ich die Strecke fast täglich gefahren und hatte diesen unterirdischen Wald nie gesehen.« Er war unsichtbar geblieben, weil die jungen Triebe regelmäßig von Ziegen abgefressen oder beim Abbrennen der Felder vernichtet worden waren. Der »Waldmacher« brachte die Wurzeln längst gefällter Bäume im Sahel dazu, wieder auszutreiben, und schützte sie mit kleinen Zäunen. »Wenn dies ursprünglich ein Wald war«, ahnte Tony Rinaudo, »dann könnten die Leute ihn auch durch eine Verhaltensänderung wieder erstehen lassen.« Der australische Entwicklungshelfer in Niger nannte seine Methode, Bäume aus unterirdischen Wurzeln neu ergrünen zu lassen, etwas sperrig »FMNR – Farmer Managed Natural Regeneration«: Sprösslinge werden geschützt, gepflegt und so beschnitten, dass sie wieder in die Höhe wachsen können. Tony Rinaudo inspirierte damit in der Region Maradi nach und nach eine ganze Bewegung, die Sahelzone neu zu begrünen, packte die Bäuerinnen und Bauern bei ihrem Eigeninteresse, die Erträge ihrer Felder zu erhöhen, und half ihnen, Millionen Triebe zu robusten Nutzbäumen heranzuziehen. »Die Bäume wuchsen sehr gut, schon im ersten Jahr. Und die Ernteerträge haben sich tatsächlich verdoppelt.« Trockenregionen ergrünen wieder Lange wurde FMNR nicht weiter ernst genommen, die internationale Entwicklungshilfe ignorierte Rinaudos Erfolge. Regierungen und Hilfsorganisationen brüsteten sich lieber damit, wie viele Bäume sie gepflanzt hatten. Wie wenige Setzlinge die erste Trockenphase überlebten, wurde hingegen meist verschwiegen. Nach den zähen Anfängen in Maradi verbreitete sich die neue Methode der Wiederauffors tung immer schneller in Niger. Inzwischen haben Bäuerinnen und Bauern dort fast 300 Millionen Bäume aufgezogen; auf mehr als der Hälfte des Ackerlandes wird die neue Methode angewandt. Vielerorts hat sich die Baumdichte mehr als verzwanzigfacht – mit erheblichen Auswirkungen auf das Mikroklima und damit die Lebensqualität der Bäuerinnen und Bauern und ihrer Familien. Der Ansatz machte in vielen Trockenregionen Afrikas Schule. Der Right Livelihood Award kurz gefasst Der Right Livelihood Award, eher bekannt als der »Alternative Nobelpreis«, wird seit 40 Jahren an Menschen verliehen, die erfolgreich an einer nachhaltigen und enkelkindertauglichen, freien, gerechten und friedlichen Zukunft bauen. Die bislang 178 Persönlichkeiten aus 70 Ländern gelten als »Heldinnen der Gegenwart« und Pioniere einer anderen Welt. 1980 verkaufte der deutsch -schwedische Philanthrop Jakob von Uexküll seine wertvollen Briefmar ken und stiftete die heute welt bekannte Auszeichnung. In Deutschland kann der Preis mit steuerabzugsfähigen Spenden unterstützt werden: Dachstiftung für individuelles Schenken, IBAN: DE 9743 0609 6701 0370 0802 42 Alnatura Magazin Juni 2020

In der nächsten Ausgabe berichten wir von Can Dündar und der Pressefreiheit in der Türkei. Tony Rinaudos Thesen Tony Rinaudo erhielt den »Alternativen Nobelpreis« im Jahr 2018. • Um erodiertes Land wieder zu begrünen, lassen sich die Wurzeln und Baumreste im Untergrund nutzen. Dafür braucht es Bewusstseins- und Verhaltensänderungen. • Mit einem kombinierten Wald- und Feldanbau lassen sich Ernteerträge in Trockenzonen vervielfachen, ohne viel Geld auszugeben. • Renaturierte Wälder helfen im Kampf gegen Hunger, Umweltzerstörung und Klimawandel weltweit. Der Erfolg gibt ihm recht Deshalb teilen Fachleute die Entwicklung sogar in eine »Prä-« und eine »Post-Tony-Zeit« ein. Rinaudo ist heute 63 Jahre alt, doch wenn er den Wald von Humbo im Süden Äthiopiens besucht, kann er sich freuen wie ein kleines Kind. »Als ich das erste Mal hier war, gab es keinen einzigen Baum. Man muss nur mit der Natur arbeiten.« Seine Ideen verbreiten sich zusehends, nachdem die internationale Organisation World Vision den Australier unter Vertrag genommen hat. Heute wird FMNR in 24 Ländern weltweit eingesetzt – auch in Äthiopien, das zuletzt auf nur noch vier Prozent seiner Fläche mit Bäumen bestanden war. Inzwischen betreiben dort ganze Kommunen straff organisiert Wiederaufforstung. Einige dieser Kommunen verdienen mittlerweile bares Geld mit international gehandelten Zertifikaten für eingesparte Kohlendioxid-Emissionen. Projekte in Kenia, Ghana, Malawi und dem Senegal kamen hinzu, aber auch in Indonesien und Peru. »Der Klimawandel und die Entwaldung schreiten voran und es ist mir sehr wichtig, die Botschaft zu verbreiten, dass großflächige Wiederaufforstung schnell geht und auch noch sehr wenig kostet«, betont Rinaudo und lächelt. Er hat erlebt, dass das Unmögliche möglich ist. Längst ist er Legende, 2018 erschien über ihn das Buch »Der Waldmacher«. Warum also nicht nach den Sternen greifen? »Ich habe mir fest vorgenommen, dass im Jahr 2030 diese Methode in hundert Ländern angewandt wird. Weltweit gibt es zwei Milliarden Hektar degradiertes Land. Wir könnten uns viele Programme der internationalen Entwicklungszusammenarbeit sparen, wenn wir gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern nur mehr Bäume schützen würden.« ››› Geseko von Lüpke

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