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Alnatura Magazin - Juni 2017

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ZEIT WISSEN »Unsere

ZEIT WISSEN »Unsere Fragen verändern die Realität.« Frido und Christine Mann wollen Geist und Materie mithilfe der Quantentheorie vereinen. Größenwahnsinnig? Foto Julian Baumann Die beiden haben ein geradezu ungeheuerlich optimistisches Buch geschrieben: Frido Mann, 76 Jahre alt, und Christine Mann, geborene Heisenberg, 72 Jahre alt. Er entstammt der Familie des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann. Thomas Mann war sein Großvater. Sie entstammt der Familie des Physiknobelpreisträgers Werner Heisenberg, sie war seine zweitjüngste Tochter. Viel mehr Bedeutung im deutschen Stammbaum geht nicht. Das Buch heißt »Es werde Licht« und es will die Quantenphysik, mitbegründet von Vater Heisenberg, ins Zentrum einer neuen Gesellschaftsphilosophie rücken. ZEIT WISSEN: Wie haben Sie sich kennengelernt? Frido Mann: Im Griechischkurs, wir haben Theologie in München studiert. Als ich den Namen Heisenberg hörte, dachte ich: Interessant. Und Sie, Frau Mann? Christine Mann: Ich dachte: Aha, ein Schriftsteller als Großvater. Das war so gar nicht meins. Ich kam ja aus der Naturwissenschaft. Nein, der Name Mann klang für mich erst mal eher negativ. (Beide lachen) Man weiß es ja, wenn zwei Menschen ein Liebespaar werden, heiraten sie auf eine gewisse Weise immer die jeweilige Familie des anderen mit. Puh, denkt man da bei Ihnen … Christine Mann: Es gab wegen diesen extremen Familien von Anfang an Spannungen, ganz klar. Zum einen politisch. Die Manns waren im Exil, galten daher nach 1945 als politisch unbelastet. Mein Vater war nicht im Exil, war in Positionen, in denen er sich mit den nationalsozialistischen Machthabern einlassen musste. Er wollte trotzdem nichts mit den Nazis zu tun haben, aber er hat sicher Kompromisse gemacht. Frido Mann: Eine andere Spannung war von Anfang an: Die einen sind Künstler, die anderen sind Wissenschaftler. Sie schreiben in Ihrem Buch, dass im Grunde die Arbeit zu diesem Werk schon in den Siebzigerjahren angefangen hat, und zwar bei einem Spaziergang mit Werner Heisenberg. Christine Mann: Es war im Herbst 1975, wir waren zu Besuch bei meinen Eltern in München. Frido und ich mussten für eine Prüfung lernen. Frido Mann: Mein Schwiegervater wollte von uns beiden wissen, was wir lernen müssen. Wir erklärten ihm: Alle Entwicklungen seien durch biologische Anpassung an die Umgebung und Selektion der am besten angepassten Wesen entstanden. Und alles sei allein aus der Materie und den auf der Erde gegebenen Bedingungen erklärbar. Christine Mann: Mein Vater meinte daraufhin, die Schlussfolgerungen, die er ziehe, seien das komplette Gegenteil von dem, was wir da lernen würden. Die Grundlage für jede Entwicklung unserer Welt sei eben nicht das Materielle, sondern das Geistige. Denn Materie bestehe eben nicht aus kleinen Materiekrümelchen, sondern aus mathematischen Strukturen. Wie erklären Sie einem Laien die Quantenphysik? Christine Mann: Die Griechen dachten, die Atome sind nicht teilbar. Doch Anfang des vorigen Jahrhunderts stellte man fest: Atome sind teilbar, sie bestehen aus einzelnen Elementarteilchen. Elementarteilchen kann man aber nicht direkt beobachten, sondern allenfalls ihre Wirkungen. Von einem Ort aus hat ein Elementarteilchen viele Möglichkeiten, wie es sich weiterentwickelt. Wenn man sehr gewagt formuliert: Bekommt man durch die Quantenphysik eine Ahnung von einem Weltgeist, der hinter allem steckt? Christine Mann: Ich glaube ganz sicher, dass man durch die Quantenphysik eine Ahnung von der Grundlage der Welt bekommt. Aber die Vorstellung, dass alles völlig determiniert abläuft und man die Zukunft voraussagen könnte, ist falsch. Es gibt die Sehnsucht nach der einfachen Formel. Nach dem Sinn: Es muss doch ein kleinstes Teilchen geben, das allem zugrunde liegt. Formulieren Sie bitte mal ein paar Leitgedanken einer möglichen Quantenphilosophie. Christine Mann: Das Leben zeichnet sich durch ständige Veränderung aus. Es entstand dadurch, dass RNS- und später DNS-Stränge sich verdoppeln, teilen und wieder verdoppeln. Dadurch stehen Lebewesen in einem ständigen Austausch mit der Umgebung. Dieser Stoffwechsel beruht auf quantenphysikalischen Wechselwirkungen. Das heißt, bei der Aufrechterhaltung des Lebens wird die Quantenphysik wichtig. Das gilt auch für unser Denken. Frido Mann: Die Botschaft lautet: Leben ist Austausch, ständige Veränderung. Stillstand ist der Tod. Christine Mann: Die Quantenphysik lehrt uns, dass jeder 38 Alnatura Magazin 06.2017

(inkl. GPS-Track) Mai / Juni 2017 NR. 03 Beobachter Teil der Wirklichkeit ist, die er beobachtet. Wir sind nicht die unbeteiligten Beobachter, die die objektive Wirklichkeit erkennen, sondern unser Denken, unsere Fragestellung verändern die Realität. Frido Mann: Und dies lässt den durch die Quantenphysik begründeten und damit revolutionären Schluss zu, dass nicht alles vorherbestimmt ist, sondern dass wir die Zukunft mitgestalten können – nicht nur in Versuchsanordnungen, sondern auch in der Realität. Sie schreiben in dem Buch an einer Stelle: Die Zeit ist reif für diese Gedanken, für diese neue Weltsicht. Frido Mann: Die Welt steckt in vielen Sackgassen. Klima, Politik, schauen Sie sich nur die USA mit Donald Trump an. Die materialistische Weltsicht ist am Ende, die strikte Trennung von Geist und Materie. Die Quantenphysik hat technisch bereits die Welt verändert. Keine Elektronik, keine moderne Medizindiagnostik wäre ohne Quantenphysik möglich. Quantenphysik ist verantwortlich für 40 Prozent unseres Bruttosozialproduktes. Und jetzt sind die Gedanken dran. Woher nehmen Sie diesen Optimismus? Frido Mann: Aus der Überzeugung, dass man in schwierigen Zeiten versuchen muss einzugreifen. Die Zeit ist reif für ein neues Welt- und Menschenbild. Wir haben in unserem Buch Leitgedanken formuliert, aber natürlich noch kein vollständiges philosophisches System ausgearbeitet. Dies ist ein Anfang. ››› Frido Mann studierte Musik, Theologie und Psychologie und arbeitete als klinischer Psychologe in Leipzig und Prag. Heute lebt er als freier Schriftsteller in München. Sein Großvater war Thomas Mann. Christine Mann studierte Theologie, Pädagogik und Psychologie und leitete viele Jahre lang eine schulpsychologische Praxis. Sie ist die zweitjüngste Tochter des Physikers Werner Heisenberg. Das Interview führte Stephan Lebert für ZEIT WISSEN (die ungekürzte Fassung des Gesprächs lesen Sie in der ZEIT-WISSEN-Ausgabe 03/2017) Das will ich WISSEN Gesundheit, Psychologie, Forschung und Gesellschaft – entdecken Sie in ZEIT WISSEN faszinierende Reportagen, anregende Interviews und ausdrucksstarke Bilder, die Ihr Leben bereichern. WISSEN Sichern Sie sich jetzt Ihre Gratisausgabe! WISSEN 6,90 EURO Österreich, Benelux 8,00 € — Frankreich, Italien, Portugal, Spanien 9,10 € — Schweiz 10,90 CHF NEUE SERIE Die Pfade der Erkenntnis Deutschland 9 neu entdecken ZEIT WISSEN WANDERUNGEN zum Lesen und Nachgehen IMMUN- ONKOLOGIE Neue Hoffnung in der Krebstherapie So kommen Sie weiter! GEHEN: Das richtige Tempo für KÖRPER, GEIST UND SEELE Einfach Gutschein-Code ZW944AN06 unter zeit.de/zw-gutschein eingeben.

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