ALNATURA EINBLICKEBeim Tierwohleinen Schritt vorausWarum Milch und Fleisch zusammengehörenZur Rinderherde von Landwirt MichaelHuber gehören die unterschiedlichstenRassen. Die Tiere wachsen nach Bioland-Richtlinien auf.Butter, Käse und Milch gehören in den meistenHaushalten zur Grundausstattung desKühlschranks. Doch dass damit indirekt auchFleisch erzeugt wird, wissen die Wenigsten.Lesen Sie mehr über einen Kreislauf, der imLaufe der letzten Jahrzehnte aus demGleichgewicht geraten ist – und den wir mitder neuen Alnatura Initiative Milch & Fleischwieder ins Lot bringen wollen.Der Auerochse, auch Ur genannt, gilt als Vorfahr unseresHausrindes. Die großen Tiere – immerhin konnteein Auerochse drei Meter lang und zwei Meter hochwerden – lebten im wilden Herdenverbund in Wäldern undAuen. Doch das ist lange her. Schon vor etwa 10 000 Jahrenwurden Rinder domestiziert, sprich gezähmt und gezüchtet.Bei der Auswahl ging es den Menschen zunächst darum, einegute Fleischreserve zu haben. Später kamen Arbeitskraft undMilchleistung der Tiere hinzu. Heute ist von der Vielfalt frühererRinderrassen wenig übrig geblieben, die Zucht der jüngstenMenschheitsgeschichte konzentrierte sich auf ein Entwederoder:entweder Fleischleistung oder Milchleistung. Diese starkeSpezialisierung aber ist eine Herausforderung, vor der dieMilchviehbetriebe heute stehen. Zumindest, wenn ihnen dasWohl der Tiere am Herzen liegt.10 Alnatura Magazin Dezember 2024
ALNATURA EINBLICKEAlnatura InitiativeMilch & FleischDas Dilemma der MilchwirtschaftDamit eine Kuh Milch gibt, muss sie jährlich ein Kalb auf dieWelt bringen. Rein rechnerisch verdoppelt sich so auf jedemMilchviehbetrieb die Herde – logischerweise ebenfalls jährlich.Doch es braucht die vielen Kälber nicht. Im besten Fall werdeneinige weibliche Tiere nach etwa zwei Jahren selbst Milchkuh.Alle anderen verlassen den Hof, wobei sich die Frage nach demWohin stellt. Das Dilemma: Auf hohe Milchleistung gezüchteteRassen, wie beispielsweise die schwarz-weiß gefleckte HolsteinKuh, geben all ihre Kraft ins Euter. Ansonsten sind sie mager undsetzen kaum Fleisch an, eine Mast ist wenig wirtschaftlich. VieleTiere kommen aus diesem Grund ins Ausland, wo sie unter fragwürdigenBedingungen aufgezogen und dann geschlachtetwerden. Auch in der Bio-Branche fehlen Strukturen und Absatzkanälefür die »überzähligen« Tiere.Ulrich Mück, Agraringenieur und Demeter-Berater, bringt esim Kritischen Agrarbericht von 2023 auf den Punkt: »Rund 25Gramm Rindfleisch sind mit jedem Liter Öko-Milch verbunden.«Für alle Menschen, die tierische Bio-Lebensmittel essen, könntedie Lösung nun lauten: Mehr Bio-Rindfleisch auf den Teller. Wäreda nicht die Tatsache, dass dieses fast immer vom Rind einerfleischbetonten Rasse stammt und eben nicht aus der Milchwirtschaft.Zu Besuch bei einem Bauer, der es anders machtWir fahren ins Allgäu. Nicht weit von Kempten entfernt treffenwir Michael Huber und seine 35 Milchkühe, die schon am frühenMorgen gemächlich auf der Weide grasen. Was sofort ins Augefällt: Zur Herde gehören die unterschiedlichsten Rassen –Schwarzbunte, Braunvieh, Fleckvieh und Pinzgauer Rinder – allesamtmilchbetont, wie es im Fachjargon heißt. Doch der zurHerde gehörende Bulle ist ein Fleischrind, ein Blonde d’Aquitaine.Die Nachkommen dieser Liaison eignen sich gut für die Mast,auch wenn sie nicht die Höchstleistung erbringen werden wieein klassisches Fleischrind. Für Michael Huber aber ist das zweitrangig,für ihn zählt: »Ich möchte nicht, dass die Tiere irgendwohinkommen, vielleicht sogar auf einen anderen Kontinentverschifft werden. Mir ist wichtig, dass sie auf meinem Hofnach Bioland-Richtlinien aufwachsen können.«Dass alle Tiere bleiben, ist etwas Besonderes. Die ganz jungenkönnen wir im Stall streicheln, den größeren statten wirspäter einen Besuch auf ihrem Sommerdomizil ab – eine höherDamit eine Kuh Milch gibt, muss sie jährlich ein Kalbbekommen. Wir sorgen dafür, dass dieses in der Regionbleibt und nach Bio-Richtlinien aufwächst. Mit derInitiative Milch & Fleisch werden dafür die regionalenStrukturen aufgebaut und etabliert, sodass das Fleischaller sich im Kreislauf der Milcherzeugung befindendenTiere verwertet wird. In die Produkte der Initiative kommtFleisch aus der biologischen Milchviehhaltung.gelegene, sattgrüne Alpwiese, die ihnen reichlich Platz,Futter und Beschäftigung bietet. Die Tiere – ganz gleichob weiblich oder männlich – werden im Alter von zweieinhalbJahren in der Region geschlachtet. So schließtsich ein Kreislauf.Hört sich alles logisch an und uns drängt sich die Frageauf, warum das nicht Standard ist. Michael Huber meint,dass vielerorts die Strukturen fehlen, und natürlich müssensich auch Betriebsabläufe immens ändern, wenn die Kälberzweieinhalb Jahre auf dem Milchhof bleiben. Keine leichteEntscheidung, vor allem wenn man weiß, dass die Vermarktungdes Fleisches im Normalfall kein Selbstläufer ist.Hier kommt Allgäu Fresh Foods ins Spiel.Alnatura Magazin Dezember 202411
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