HERSTELLER-REPORTAGE Treffen mit Truthühnern Ein Rendezvous der seltenen Art: Das Alnatura Magazin hat eine Verabredung im Morgengrauen mit den KellyBronze® Waldland-Puten in Mecklenburg. Es ist noch dunkel, kalt und sehr still an der Waldlichtung bei Stresendorf. Die Anatolischen Herdenschutzhunde hat Thorsten Holm vorsichtshalber hinter einen anderen Zaun gesperrt. Sie bellen nicht, kennen ihr Herrchen. »Die würden es auch mit einem Wolf aufnehmen, um die Puten zu beschützen«, flüstert der Bio-Bauer. »Doch gegen die Seeadler sind sie machtlos.« Beiden Raubtieren möchte man jetzt besser nicht begegnen. Wir ziehen Plastikfolien über unsere Schuhe, um keine Infek tionen auf das Gelände zu tragen. »Gleich wachen sie auf, gehen wir ihnen entgegen«, ermuntert uns Holm. Langsam dämmert es, die Puten sind Früh - aufsteher. Schritt für Schritt schleichen wir über eine Wiese in Richtung Wald. Ebenso vorsichtig, aber auch neugierig kommen uns die ersten Puten entgegen. Neugierige Gesellen Mit der Stille ist es nach wenigen Minuten vorbei. Ein aufgeregtes Gegluckse be- 16 Alnatura Magazin Dezember 2018
Freiland Puten Fahrenzhausen GmbH kurz gefasst Artgerechte Aufzucht, Haltung, Schlachtung und Verarbeitung von Bio-Geflügel Gründung 1997 von Dr. Martin Bohn, Paul Kelly und Henk Coolen Geschäftsführer Stefan Mutter, Daniel Willnat Firmensitz Fahrenzhausen bei München Mitarbeiter 20 Partnerbetriebe Über 40 in Deutschland und Österreich, allesamt Bio-Höfe, die Hühner und Puten artgerecht und ökologisch halten. 4 der 20 Puten-Partnerbetriebe nehmen am Waldland- Projekt teil. Die 3 Säulen des Unternehmens 1. Bio-Pioniere sein (Standards setzen, vorausgehen, stetig verbessern), 2. Achtsamkeit (mehr als Nachhaltigkeit: Mensch, Tier, Boden, Umwelt berücksichtigen), 3. Respekt (vor, während und nach der Schlachtung dem Tier als Geschöpf begegnen) freiland-puten.de herrscht die frische Morgenluft. Bald sind wir umringt von Hunderten munterer großer Vögel, deren Schnäbel an Geier erinnern und vor denen uns der Bio-Bauer warnt. Auch beim Streit untereinander kommt dieser Schnabel zum Einsatz. Ebenso wie Hühner hacken auch Puten untereinander eine Rangordnung aus. »In vielen konventionellen Mastställen werden den Tieren deshalb die Schnäbel gestutzt. Aber die Rangordnung klarzumachen gehört eben zur Natur der Truthühner«, erläutert Stefan Mutter, der mit von der morgendlichen Partie ist. Als Geschäftsführer der Freiland Puten Fahrenzhausen GmbH hat er mit Thorsten Holm und anderen Bio-Bauern langfristige Verträge für die Waldland-Putenmast. Bevor wilde Truthühner als Nutztiere domestiziert wurden, lebten sie am Waldrand und in Steppen. Daher lag es nahe, den Vögeln wieder genau ein solches Umfeld zu bieten. Vor über zehn Jahren entwickelte die Firma Freiland Puten daraus ihr Aufzuchtkonzept. Projekt Waldland-Puten Heute gilt es als Musterbeispiel für die artgerechte Putenhaltung. Thorsten Holm nimmt an diesem Projekt teil. Er hat ein 3,6 Hektar großes Gelände am Waldrand eingegrenzt, mit Weidezaundraht gegen Füchse gesichert und mit Schutzhütten und Unterschlüpfen für widrige Wetterbedingungen versehen. Auf diesem Gelände leben die 2 300 Truthennen seit zehn Wochen und dürfen noch zwei Wochen glucksen, bis sie zum nahe gelegenen Schlachthof gebracht werden. Im konventionellen Landbau leben etwa drei bis vier Puten auf einem Quadratmeter im Stall, im Bio-Landbau sind es circa die Hälfte und sie haben zusätzlich zehn Quadratmeter Auslauf im Freien. Für die Waldland- Puten gibt es noch mal ein Drittel mehr Raum. Im Winter leben keine Puten am Waldesrand, weil es ihnen zu kalt und zu nass wird. Erst Ende April des nächsten Jahres bekommt Holm wieder Alnatura Magazin Dezember 2018 17
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