GESELLSCHAFT Das Geheimnis der Hundertjährigen Gesund, fit und glücklich bis ins hohe Alter. Die Hundertjährigen von Sardinien machen es vor. Was wir von ihnen lernen können. W er möchte das nicht: Alt werden voller Lebensfreude und guter Energie? Unsere Gene haben darauf Einfluss, aber laut Fachleuten nicht den größten. Alles, was wir über achtsames Altern lernen können, zeigen uns die Menschen in den sogenannten »Blue Zones« der Erde. Der amerikanische Journalist Dan Buettner gilt als der Entdecker dieser Zonen, die er im japanischen Okinawa, in Kalifornien, auf der griechischen Insel Ikaria und auch auf Sardinien in Italien ausgemacht hat: allesamt Regionen, in denen die Menschen besonders alt werden. Und dabei ist es nicht am bedeutsamsten, »wie viele Jahre sie länger leben, sondern mit welcher (hohen) Lebensqualität«. Buett ner definiert diese über fünf Faktoren: gesunde Ernährung, Bewegung, sozialer Austausch, tägliche Rituale und eine Art Zielbewusstsein im Leben. In einem Interview beschreibt Buett ner den Alltag der Alten der »Blue Zones«: »Sie ernähren sich hauptsächlich pflanzenbasiert und mit Vollkornerzeugnissen. Sie machen keinen Sport, sondern bewegen sich ganz natürlich und konstant im Alltag. Sie haben fast alle vier bis fünf enge Freunde, die genauso gesund leben und diesen aktiven Lebensstil bestärken. Und sie gehören oft spirituellen Gemeinden an, die dem Leben Sinn und Zweck geben und Stress reduzieren. Und trotz aller Warnungen, was Alkohol angeht, trinken fast alle Hundertjährigen in diesen Gegenden fast jeden Tag in Maßen Wein. Wir wissen nicht, ob das zur Langlebigkeit beiträgt oder ob sie trotz des moderaten Weinkonsums lange leben.« 1 Schlicht und ausgewogen Auf der Suche nach dem Geheimnis der Langlebigkeit der sardischen Menschen hat die Journalistin und Autorin Ulla Rahn-Huber die Mittelmeerinsel besucht und zahlreiche Hundertjährige, aber auch örtliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich mit diesem Phänomen beschäftigen, getroffen und interviewt. Auch sie identifiziert ähnliche Gründe für die Langlebigkeit. In 58 Alnatura Magazin Mai 2024
GESELLSCHAFT Die Hundertjährigen von Sardinien essen viele Hülsenfrüchte wie weiße Bohnen, Kichererbsen oder Linsen, denn sie sind ideale Ballast stoffund Protein lieferanten. ihrem Buch »Das Geheimnis der Hundertjährigen von Sardinien« geht sie den einzelnen Faktoren auf den Grund. Der wohl wichtigste ist – wen wundert's – die Ernährung. Sie ist schlicht und ausgewogen. Auf Sardinien gibt es viel Schafskäse (Pecorino, auf der Mittelmeerinsel kommen auf jeden Menschen zwei Schafe). Dazu Polyphenole, die zum Beispiel im Olivenöl enthalten sind. Polyphenole sind für den Körper in der Regel segensreich, sodass die EU diesbezüglich eine gesundheitliche Empfehlung ausgegeben hat: »Olivenöl-Polyphenole tragen dazu bei, die Blutfette vor oxidativem Stress zu schützen. Die positive Wirkung stellt sich bei einer täglichen Aufnahme von 20 Gramm Olivenöl ein.« Und Olivenöl wird auf Sardinien bei jeder Gelegenheit verwendet: pur, zum Braten, geträufelt über Pasta- Gerichte, Fleisch oder Fisch (selten, aber regelmäßig), Gemüse und Salate oder über die Minestrone. Minestrone und Hülsenfrüchte, täglich frisch gekocht »Wenn wir von den Alten einen Rat mit auf den Weg bekommen haben, dann ist es der: ›Esst täglich Minestrone!‹«, schreibt Ulla Rahn- Huber. Die Rede ist hier von einem deftigen Eintopf mit viel Gemüse: Kartoffeln, Kichererbsen und – auf Sardinien sehr beliebt – weißen Bohnen. Den würzigen Geschmack erhält die Minestrone durch ein Stück geräucherten Speck. Die Hülsenfrüchte sind der heimliche Star der Suppe, denn sie enthalten wertvolle Ballaststoffe. Der zu hohe Zucker- oder Salzkonsum, der in der modernen Wohlstandsgesellschaft ein Problem darstellt, scheint in den blauen Zonen kein größeres Thema zu sein. In den Familien wird meist traditionell täglich frisch gekocht, somit hat man mehr Kontrolle über die verwendete Zucker- oder Salzmenge als bei industriell verarbeiteten Lebensmitteln. Auf Sardinien setzt man meist auf Meersalz. Generell, so Dan Buettner, folgen »die Menschen in den blauen Zonen nicht irgendeiner Ernährungsphilosophie, es liegt auch nicht an ihrer Disziplin oder Willenskraft. Sie leben einfach in einem Ökosystem, in dem gesund leben keine Anstrengung, sondern eine Selbstverständlichkeit ist.« Einig sind sich Rahn-Huber und Buettner aber auch hierüber: Nicht nur die gesunde Ernährung lässt die »Der Punkt ist nicht, wie viele Jahre sie länger leben, sondern mit welcher Lebensqualität.« Menschen in den blauen Zonen gesund und zufrieden teilweise über hundert Jahre alt werden, sondern auch Lebenseinstellung, Lebensrhythmus, Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, ja, überhaupt stabile soziale Beziehungen, Rituale, Glaube beziehungsweise Spiritualität und ein sinnhaftes Tun und Gestalten des eigenen Lebens. mf Unsere Leseempfehlung: »Das Geheimnis der Hundertjährigen von Sardinien«, MVG Verlag 1 Elle Spirit, Ausgabe 02/2023, S. 75.
ISSN 1612-7153 Jubiläums-Magazin M
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