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Teil 7/12: Eurythmie

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Anthroposophische Perspektiven - In dieser Aufsatzreihe stellen Autoren beispielhaft Perspektiven der Anthroposophie auf das Lebensgebiet ihrer Berufspraxis vor.

EINFÜHRUNG Gemeinsam

EINFÜHRUNG Gemeinsam mit Marie von Sivers entwickelte Rudolf Steiner ab dem Jahr 1912 die Bewegungsund Ausdruckskunst Eurythmie. Marie von Sivers, ab 1914 Marie Steiner, war seit 1902 Steiners engste Mitarbeiterin. In Sprachen und Schauspielkunst ausgebildet, trug sie wesentlich dazu bei, dass bei Tagungen und Kongressen der Theosophen, später der Anthroposophen, das künstlerische Element zum Tragen kam, in den 1920er-Jahren oft in Form von Eurythmie- Aufführungen auf großen Bühnen in Europas Hauptstädten. Kurse für Eurythmisten fanden bis 1924 mit Rudolf Steiner statt, der diese künstlerische Ausdrucksform besonders schätzte. Als »Offenbarung der sprechenden Seele«, als »sichtbarer Gesang« (Ton- Eurythmie) oder als »sichtbare Sprache« (Laut-Eurythmie) wird diese Kunst in Steiners Vorträgen bezeichnet – Kennzeichnungen, die anschaulich zum Ausdruck bringen, um was es geht. 1924 berichtete Steiner über einen der Kurse: »Die Zuhörer … sollten … [erleben] …, wie alle Kunst getragen sein muss von Liebe und Begeisterung. Der Eurythmist kann seine Schöpfung nicht von sich ablösen und sie objektiv vor den ästhetisch Genießenden hinstellen wie der Maler, der Plastiker, sondern er bleibt in seiner Darstellung persönlich darinnen; man sieht an ihm, ob in ihm die Kunst wie ein göttlicher Weltinhalt lebt oder nicht. In unmittelbar künstlerische Gegenwart muss am Menschen der Eurythmist das Künstlerische als anschauliches Wesen hinstellen können.« Andrea Heidekorn ist Eurythmistin und lehrt Eurythmie sowie ihre über das rein Künstlerische hinausgehenden Anwendungsgebiete an der Alanus Hochschule in Alfter. Dass sie mit »Liebe und Begeisterung« dabei ist, spricht aus jeder Zeile, die sie schreibt. ››› Manon Haccius I M P R E S S U M Anthroposophische Perspektiven / Zwölfteilige Serie Teil 7: Eurythmie – Mit der Zeit gehen und gegen den Strom schwimmen Autorin: Andrea Heidekorn Herausgegeben von: Manon Haccius, Alnatura Produktions- und Handels GmbH, Darmstädter Straße 63, DE-64404 Bickenbach, www.alnatura.de Copyright © 2011 by Alnatura Produktions- und Handels GmbH, Bickenbach Gestaltung: usus.kommunikation, Berlin Abbildungen: Rudolf Steiner Archiv, Dornach; Helmut Hergarten (8, Porträt) Verlag: mfk corporate publishing GmbH, Prinz-Christians-Weg 1, DE-64287 Darmstadt Druck: alpha print medien AG, Darmstadt Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, verboten. Kein Teil des Werks darf ohne schriftliche Genehmigung in irgendeiner Form reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme oder Datenträger verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Jede Verwertung ist ohne die Zustimmung des Herausgebers und des Autors unzulässig. 2

EURYTHMIE MIT DER ZEIT GEHEN UND GEGEN DEN STROM SCHWIMMEN ANDREA HEIDEKORN Strom und Gegenstrom, Zusammenziehen und Ausdehnen, der Umgang mit Polaritäten überhaupt ist eines der grundlegenden Kennzeichen der eurythmischen Bewegungstechnik. Ähnlich sieht es in der gesamten Eurythmieszene heute aus. Es gibt Tanzpreise und gleichzeitig Unbekanntheit in der Tanzszene, begeisterte und hasserfüllte Waldorfschüler 1 nach dem Eurythmieunterricht, dankbare und zuzahlende Patienten in privaten Praxen, Firmen mit neuartigem Bewegungsangebot, Kurse zur Salutogenese, Aktionen in Fußgängerzonen und in geborgenen Räumen, Bachelorund Masterstudiengänge, mehr Stellenangebote als Absolventen, Schleier und Straßenanzug – so ungefähr könnte die Eurythmieszene heute beschrieben werden. In der vielgestaltigen öffentlichen Bewegungsszene spielen Eurythmisten in der Regel im kammermusikalischen Rahmen mit. Große Aufführungen, Tourneen mit kooperierenden Ensembles, mit Orchestern und Rezitatoren sind ein mit viel Anstrengung organisiertes und noch immer relativ wenig in der Öffentlichkeit wahrgenommenes Ereignis. WAS IST EURYTHMIE? Der Mensch selbst ist das Instrument des Tänzers, und in jeder Bewegungs- oder Tanzart wird dieses Instrument in spezifischer Weise gespielt. Eurythmie offenbart ein humanistisches Menschenbild, von Steiner mit vier Qualitäten beschrieben: der physische Körper, die Kräfte und Energien, dazu Seele und Geist. Eurythmie ist, weil sie diese Qualitäten als Basis benutzt, ein sehr »menschliches« Tanzen. ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG Hans Fors, Eurythmist und Eurythmieforscher, Norwegen: Eurythmie ent stand am Anfang des 20. Jahrhunderts als Ergebnis der Suche nach einer Tanzkunst, die den »ganzen Menschen« – Körper, Seele und Geist – einbezieht. Rudolf Steiner schuf die Grundlagen dieser ebenso faszinierenden wie heilsamen Bewegungskunst zwischen 1912 und 1919 mit einer Gruppe junger Frauen, hauptsächlich in Dornach, Schweiz. Ab 1919 gab es große Tourneen und Aufführungen im ganzen deutschsprachigen Europa, in England und auch in Skandinavien. Das Dornacher Eurythmieensemble trat auf großen Theaterbühnen oder in Konzerthallen an die Öffentlichkeit. Die Presse reagierte mit viel Aufmerksamkeit, genauso wie auf Mary Wigman und andere Tänzerinnen und verglich die Eurythmie ganz selbstverständlich mit allen Erscheinungen modernen Tanzes. Nach Steiners Tod 1925 wurden die Tourneen unter Marie Steiners Leitung weitergeführt. Die Eurythmie entwickelt sich dadurch schnell. Die erste Eurythmie-Schule 1922 in Stuttgart steigerte das Interesse für Eurythmie weiter. 1927 wurde eine Ausbildung in Dornach geschaffen, die auch heute noch besteht. 1930 wurde das Eurythmieensemble der Goetheanum-Bühne zum dritten Tanzkongress in München eingeladen. Aus unbekannten Gründen sagte man aber die Aufführung ab. Die Eurythmie wurde in den Dreißigerjahren in Deutschland verboten, und die Eurythmie- Schule in Stuttgart musste schließen. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute die Waldorfschulbewegung eigene Bühnen, und die Eurythmie erhielt Aufmerksamkeit mehr im Kreis anthroposophisch orientierter Menschen. Eine Ausnahme war Else Klink in Stuttgart. Sie brachte die Eurythmie mit dem Ensemble der wiedereröffneten Eurythmie-Schule als Bühnenkunst auf eine neue Stufe. Auch wurden Eurythmieausbildungen weltweit eingeführt. Viele von ihnen unterhielten eigene Bühnenensembles, die ein reges Tournee- und Aufführungsleben vor allem in anthropsophisch interessierten Einrichtungen entwickelten. Heute ist die Eurythmie als Bühnenkunst in der Tanzszene immer noch ziemlich unbekannt. Die Bewegungskonzepte aus den 1920er-Jahren sind in der Eurythmie nach wie vor deutlich zu spüren, aber es gibt seit etwa zwei Jahrzehnten auch Versuche, diese Konzepte zu ändern. Progressive, individuelle und sich in der allgemeinen Öffentlichkeit verortende Ansätze vor allem von kleinen Ensem bles und Solisten suchen den Kontakt und die produktive Auseinandersetzung mit Kollegen. Reformierte erweiterte Ausbildungs- und Studienangebote, die sich mit ihrem besonderen Angebot in das staatliche Bildungssystem integrieren, öffnen die Eurythmie, hin zu einem modernen Berufsangebot über weltanschauliche Zusammenhänge hinaus. 1 Ich nutze weibliche und männliche Formen abwechselnd, um sie nicht immer doppelt nennen zu müssen und sie aber auch nicht zu vernachlässigen. EURYTHMIE 3

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