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Teil 12/12: Landwirtschaft

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Anthroposophische Perspektiven - In dieser Aufsatzreihe stellen Autoren beispielhaft Perspektiven der Anthroposophie auf das Lebensgebiet ihrer Berufspraxis vor.

Damit der Boden

Damit der Boden fruchtbar bleibt, damit unerwünsch te Pflanzen und Tiere sich nicht überproportional vermehren und damit genug Futter für die Tiere erzeugt werden kann, bedarf es einer geeigneten Fruchtfolge, also des geordneten Nebeneinanders der Feldfrüchte auf einem Betrieb, das zugleich ihr zeitliches Nacheinander auf den verschiedenen Flächen ist. Das EU-Bio-Gesetz verlangt ausdrücklich eine weit gestellte Fruchtfolge. Der Wechsel von Feldfrüchten, die dem Boden Gutes tun und Futter für die Tiere sein können, und solchen Kulturen, die zehren oder als »abtragend« bezeichnet werden, ist zentral für den biologisch-dynamischen Landbau. Früher war dieser Wechsel Kernelement des landwirtschaftlichen Handwerkswissens; heute müssen auf biologisch-dynamische Landwirtschaft umstellende Bauern »Fruchtfolge« erst wieder lernen. Eine Tierhaltung, die dem Flächenumfang des Hofes angepasst ist, erzeugt nur so viel Dünger, dass er nicht zum schädlichen Abfall wird. Im Durchschnitt entspricht dies in unseren Breiten einer sogenannten Großvieheinheit (etwa einer Milchkuh von 600 Kilogramm Gewicht) je Hektar. In dieser Menge gehaltene Tiere kann der Bauer im Wesentlichen von seinen eigenen Flächen ernähren und muss nicht Futter von anderswo zukaufen. Heute verlangt auch der EU-Gesetzgeber, dass Bio-Bauern ihre Tiere überwiegend mit selbst erzeugtem Futter ernähren. DER LANDWIRTSCHAFTSBETRIEB ALS LEBENDIGER ORGANISMUS Für die Gestaltung der Stoffflüsse auf einem Bauernhof formuliert Steiner das Ideal des möglichst geschlossenen Betriebskreislaufes. Ein Ideal- und Leitbild, das sich nicht vollständig realisieren lässt. Denn der Landwirt erzeugt ja Produkte, die den Betrieb verlassen und verlassen sollen. Das Leitbild wird aber stets dafür sorgen, dass die Hereinnahme von Stoffen in den Betrieb von außen mit Augenmaß geschieht, im Sinne von Stärkungsmaßnahmen oder als »Arzneimittel«. Ein solches gibt man in möglichst geringer Dosis und geht sparsam damit um. Anders die konventionelle Landwirtschaft heute, die mit den chemisch-technischen Mitteln Unerwünschtes unterdrückt und vermeintlich Fehlendes ergänzt, was fatale »Neben«wirkungen auf Landwirtschaft und Umwelt entfaltet, denen man mit weiteren Maßnahmen und mit einer Fülle an Vorschriften zu Leibe rückt, die ihrerseits Kontrolle und Überwachung nötig machen. Noch ein weiteres Konzept führt Steiner ein, das beim Gestalten einer Landwirtschaft leiten soll. Sie wird als Organismus angesprochen. Mit allen ihren Elementen, auch der nicht wirtschaftlich genutzten Natur entspricht sie einem komplexen Organismus höherer Ordnung, dessen einzelne Bereiche als Organe zu verstehen 6 sind, die sich wechselseitig brauchen und fördern. Die Idee eines Organismus höherer Ordnung war neu zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Erstmals äußerte sie der Gewässerökologe Thienemann. Der Agrarökonom Theodor Brinkmann, auch er ein Zeitgenosse Steiners und ein Pionier der landwirtschaftlichen Betriebslehre, sprach vom wohlproportionierten organischen Betrieb, den eine Landwirtschaft darstellen solle. Steiner führt seinen Gedanken jedoch noch einen entscheidenden Schritt weiter und wählt das Bild der landwirtschaftlichen Individualität. Jeder landwirtschaftliche Betrieb wird als eine Individualität, als etwas Einmaliges, Unverwechselbares verstanden, als solche soll sie entwickelt werden. Präparate auf der Basis von Heilpflanzen, die Steiner nennt (zum Beispiel Schafgarbe, Kamille, Brennnessel) und zu deren Zubereitung er Hinweise gibt, unterstützen die Düngungsmaßnahmen beziehungsweise die wachsenden Pflanzen (vierter und fünfter Vortrag des landwirtschaftlichen Kurses). Die Heilpflanzen, ferner die Substanzen Kiesel und Rindermist werden in bestimmte tierische Hüllenorgane gegeben und während einer jeweils spezifischen Zeit des Jahreslaufes in den Boden ge geben oder dem Sonnenlicht ausgesetzt. Zur Anwendung kommen diese Präparate in geringsten Mengen (in homöopathischen Dosen) auf dem bearbeiteten Boden vor der Aussaat, auf dem wachsenden Pflanzenbestand, oder sie werden dem Dünger zugesetzt. Die auf die Flächen ausgebrachten Präparate werden vor der Anwendung eine Stunde lang rhythmisch in Wasser gerührt, ein Prozess, wie er auch in der Arzneimittelherstellung zur Anwendung kommt. Die Wirkungsweise der biologisch-dynamischen Präparate wird als für das Pflanzenwachstum kräftigend und harmonisierend beschrieben, dies besonders an Standorten oder in Jahren, an denen die Bedingungen für das landwirtschaftliche Gedeihen suboptimal sind. Ein Landwirtschaftsbetrieb ist ein Organismus, also ein lebendiges Ganzes. Er ist nicht, wie es heute konventionell verstanden wird, eine Art industrieller Produktionsbetrieb, den man sich linear denkt, mit präzise gesteuertem Input auf der einen und Output auf der anderen Ein Landwirtschaftsbetrieb ist ein Organismus, ein lebendiges Ganzes. Er ist nicht, wie es heute konventionell verstanden wird, eine Art industrieller Produktionsbetrieb, den man sich linear denkt, mit präzise gesteuertem Input auf der einen und Output auf der anderen Seite.

Seite. In einer Landwirtschaft geht es vielmehr darum, zu verstehen, wie sich die einzelnen Teilbereiche gegenseitig fördern und entstehende Einseitigkeiten ausgleichen können. Der als Organismus aufgefasste und im Ideal als geschlossen gedachte Betriebskreislauf führt auch dazu, dass es, anders als im linear funktionierenden Betrieb, keinen Abfall, keine zu entsorgenden Schadstoffe mit Zerstörungspotenzial gibt. Das, was im Landwirtschaftsbetrieb an irgendeiner Stelle »abfällt«, wird gesammelt, aufbereitet, mit den Präparaten versehen und dem Kreislauf wieder zugeführt. Ein Landwirtschaftsbetrieb ist durch Vielfalt gekennzeichnet. Mit landwirtschaftlich genutzten Flächen sind traditionell und heute vor allem in den Bio-Betrieben deutlich mehr verschiedene Pflanzen- und Tierarten assoziiert, als ein gleich großes Stück unbearbeiteter Natur am gleichen Ort aufweisen würde. Die Produktivität der kultivierten Natur übersteigt die des natürlichen Standortes um ein Vielfaches. Diese Biodiversität weiß man heute als einen Wert an sich zu schätzen; die konventionelle, industrialisierte Landwirtschaft kann mit solcher Vielfalt nicht aufwarten. Sie trägt stattdessen beträchtlich »Das Fruchtfleisch eines Apfels oder eines Pfirsiches, das wir essen, bildet sich unter der Einwirkung von Planetenkräften. Wenn wir als Gärtner oder Bauer das Wachstum von Pflanzen beeinflussen wollen, dann müssen wir Rücksicht nehmen auf diese Kräfte. Auf eine große Zahl von Pflanzen, und das sind vor allen Dingen jene, die man gewöhnlich zu den Unkräutern zählt, obwohl sie manchmal außerordentlich wirksame Heilkräuter sind, auf diese Pflanzen haben den größten Einfluss die Mondkräfte.« Rudolf Steiner im Vortrag am 14. Juni 1924 zum Schwund der Arten bei, die einst durch die landwirtschaftliche Betätigung des Menschen entstanden sind. Diese Arten aber helfen uns dabei, die Reagibilität unseres Systems der Nahrungserzeugung gegenüber den sich immer stärker, rascher und unvorhersehbarer ändernden Naturgegebenheiten zu erhalten. LANDWIRTSCHAFT 7

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