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Alnatura Magazin September 2021

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Wir lieben Italien // Cucina Semplice - die einfache italienische Küche // Livorno - wo die Toskana auf das Meer trifft

ALNATURA TRIFFT

ALNATURA TRIFFT Maddalena Scagnelli und Franco Guglielmetti 28 Alnatura Magazin September 2021

Alte Volkslieder haben nichts mit unserem heutigen Leben zu tun? Im Gegenteil, sagen Maddalena Scagnelli und Franco Guglielmetti, Musiker des italienischen Ensembles Enerbia. Auf ihren Konzerten präsentieren sie ein riesiges Repertoire der in Vergessenheit geratenden Lieder und begeistern damit ein breites Publikum. »Auch junge Leute mögen diese Art von Musik.« Maddalena, beim Konzert gestern haben Sie unter anderem ein Instru ment gespielt, das wie ein rechteckiger Kasten aussah. Maddalena: »Das war ein Salterio, ein Zupfinstrument, das im 18. Jahrhundert besonders in Italien sehr selten war. Es gab eine Zeit, da wurden in einen Bilderrahmen Saiten gespannt. Ein richtiges Streich- oder Zupfinstrument konnten sich nur wenige leisten.« Franco, Sie haben das Akkordeon gespielt. Ob nun in Federico Fellinis Filmen »Amarcord« oder »La Strada«, das Akkordeon scheint der Klang der Straße und der alten Zeiten zu sein. Franco: »Und der Hochzeiten! Mein Vater hat viel auf Hochzeiten gesungen und ich war derjenige, der ihn begleiten sollte. Musik war ein Beitrag zum Leben. Gerade auf dem Land gab es nichts Wichtigeres. Es gab kein Radio, kein Fernsehen und hier oben auch keine Kinos. Man saß am Abend zusammen und wenigstens einer hat gespielt. Meine Mutter hat als Dreizehn- oder Vierzehnjährige für ein paar Lira bis zu zehn Stunden am Tag Reis geerntet, gebückt und bis zu den Knien im Wasser stehend. Da haben die jungen Leute am Abend einen Musiker kommen lassen und einen Teil ihres hart erarbeiteten Geldes für Musik ausgegeben. Wenn man schon auf Strohsäcken schläft, dann wenigstens mit Musik!« Sie verfügen über ein riesiges Repertoire aus alten Liedern aus der Provinz Piacenza. Woher haben Sie diese Lieder? Franco: »Zum Großteil sind sie mündlich überliefert worden. Die Alten kannten die Lieder im Detail ganz genau. Wenn du bei einer Hochzeit auch nur einen Ton falsch gespielt hast, gab es einen Aufschrei (lacht).« Maddalena: »Aber es gab gerade in den 1980er-Jahren Leute, die angefangen haben, die Lieder aufzuschreiben. Die sind von Ort zu Ort gezogen, denn man wurde sich bewusst, dass sie sonst verloren gehen. Wir haben heutzutage einfach sehr viel mehr Ablenkungen als damals.« Wie kam es, dass Sie beide zu Bewahrenden der alten Volkslieder dieser Gegend wurden? Maddalena: »Ich komme eher aus der klassischen Musik, Franco von den Volksliedern. Heute versuchen wir uns gemeinsam für den Erhalt dieser wunderbaren Lieder, die mal stiller sind oder auch mal in Richtung gestampfter Walzer gehen (lacht), einzusetzen und sie bei Konzerten in der Region den Menschen näherzubringen.« Franco: »Dabei sehen wir sowohl die Lieder, die Landschaft als auch die von Menschen gemachte Kulturlandschaft als Einheit an. Wir präsentieren die Lieder wie gestern Abend in wunderbaren Innenhöfen, Basiliken, den vielen Burgen hier in der Gegend, aber auch inmitten von Bergdörfern oder der Natur.« Das Piacentino Das Piacentino ist die südwestliche Gegend der Provinz Piacenza in der Emilia- Romagna. Das Reizvolle sind die sanft ansteigenden Hügel des Apennin- Gebirges mit Tälern wie dem Val Tidone. Außerdem ist das Piacentino ein bedeutendes Weinbaugebiet. Die Küche ist außergewöhnlich gut, es reiht sich eine Burg an die nächste, Orte wie Pianello Val Tidone sind perfekt, um nach Herzenslust zu schlendern. Das Piacentino punktet auch in Sachen Kultur – kein Apennin-Festival findet ohne die Musik von Enerbia (Maddalena Scagnelli und Franco Guglielmetti) statt. Termine auf enerbia.com oder auf appenninofestival.eu Auch da, wo wir Sie fotografiert haben? Franco: »Ja, auch da! Und wir sind immer wieder überrascht, wie viele Menschen zu unseren Konzerten kommen, teils von weit her, beispielsweise aus der Toskana, und wie sehr auch die jungen Menschen diese Art von Musik mögen.« Maddalena: »Das Volkslied verbindet einfach. Die Themen sind Liebe, Sehnsucht, Nostalgie, das tägliche Leben. Oft sind die Lieder melancholisch.« Was macht die Provinz Piacenza für Sie so besonders? Franco: »Viele wissen nicht, wie schön es hier ist, wie viele Burgen, wunderbare Orte wie Castell’Arquato oder Pianello Val Tidone und wilde Berggegenden es hier gibt. Und dies in so zentraler Lage zwischen Mailand, Genua und Florenz.« Maddalena: »Und die Küche ist wirklich fantastisch. Es gibt sehr viele gute Restaurants, daher kommen auch die Mailänder hierher. Franco mag beispielsweise die Eintopf-Spezialitäten der Gegend ganz besonders. Wie Pisarei e fasò (Mini-Gnocchi mit Bohnen) oder Pasta e Fagioli (Nudeln mit Bohnen). Ich schätze an dieser Region vor allem die herausragenden Rebsorten, zum Beispiel Gutturnio oder Ortrugo.« Das Interview führte Matthias Fuchs. Alnatura Magazin September 2021 29

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