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Alnatura Magazin Mai 2020

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40 JAHRE »ALTERNATIVER

40 JAHRE »ALTERNATIVER NOBELPREIS« Grüne Gürtel für Mutter Erde Es ist ein Projekt von planetaren Ausmaßen – der »grüne Gürtel«. Ein breiter Streifen aus Bäumen zwischen West- und Ostafrika, der sogar vom Weltall aus sichtbar ist. Er soll die Ausbreitung von Wüsten bremsen, das Klima stabilisieren, Wasserkreisläufe erneuern, soziale Not und Fundamentalismus verhindern. Vor fast 50 Jahren gründete die kenianische Biologin Wangari Maathai in Kenia das »Green Belt Movement« und erhielt dafür 1984 den »Alternativen Nobelpreis«. Die stolze kenianische Frau vom Volk der Kikuyu mit dem leuchtend gelben Tuch im schwarzen Haar greift nach dem jungen Baumsprössling mit den paar Krümeln Humus an den Wurzeln. Mit der linken Hand schafft sie ein Nest in der Erde, mit der Rechten pflanzt sie den Baum in die erodierte Landschaft und gibt wie einen Segen das Wasser hinzu. Dann steht sie auf, verbeugt sich und kehrt zurück in die Gruppe der Frauen, die dem kleinen Ritual am »Tag der Erde« irgendwann in den frühen 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts beiwohnen. Eine Szene vor rund 50 Jahren … Unbedeutend? Regional? Nur symbolisch? Sie sollte der Funke sein, der einen globalen Flächenbrand auslöste. Einen von der guten Sorte – der »grüne Gürtel«, der erst über Kenia zog, dann über den ganzen Kontinent, löste später überall in der Welt eine Bewegung aus, der verdorrten nackten Erde ihr Kleid aus Bäumen wiederzugeben. Wangari Maathais Thesen Die Umweltaktivistin Wangari Maathai erhielt den Alternativen Nobelpreis im Jahr 1984 • Erodierte nackte Böden brauchen ein grünes Kleid aus Bäumen. Aus neuer »Verwurzelung« entsteht Hoffnung und Zuversicht. • Die Bewahrung der Natur in armen Ländern muss einhergehen mit der Garantie der Grundbedürfnisse. Dann entstehen Massen bewegungen. • Umweltschutz, Demokratie, regionale Entwicklung und Menschenrechte sind eins. Ein grünes Kleid aus Bäumen Aus dem einen Baum sollten Millionen, ja Milliarden Bäume werden. Und Wangari Maathai, die diesen ersten Baum setzte, wurde für ihre Vision der »grünen Gürtel« 1984 erst mit dem »alternativen« und 2004 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ihre Initiative trug entscheidend dazu bei, Kenias Talfahrt in die Katastrophe zu stoppen. Aus dem biologisch rei chen Farmland war durch Kolonialismus und kapitalistische Profitgier tote Erde gewor den. Große Monokulturen für den lukrativen Kaffee- und Tee- Anbau hatten die Böden ausgelaugt. Alter Baumbestand war gerodet worden, um immer mehr Anbauflächen für den Export zu gewinnen. Die Qualität der Böden nahm ab, ohne Wurzeln wurde die dünne Humusschicht vom Wind abgetragen, Versteppung und Ausdehnung der Wüsten nahm zu. Die soziale Krise schien unvermeidbar: Die Menschen flohen von dem Land, das sie nicht mehr ernähren konnte, sie wurden abhängig von internationaler Hilfe, die Slums wuchsen, soziale Gewalt nahm zu. Das Klischee von Afrika als einem Kontinent ohne Hoffnung schien sich wie der einmal zu bestätigen. 44 Alnatura Magazin Mai 2020

Der Right Livelihood Award kurz gefasst Der Right Livelihood Award, eher bekannt als der »Alternative Nobelpreis«, wird seit 40 Jahren an Menschen verliehen, die erfolgreich an einer nachhaltigen und enkelkindertauglichen, freien, gerechten und friedlichen Zukunft bauen. Die bislang 178 Persönlichkeiten aus 70 Ländern gelten als »Heldinnen der Gegenwart« und Pioniere einer anderen Welt. 1980 verkaufte der deutschschwedische Philanthrop Jakob von Uexküll seine wertvollen Briefmarken und stiftete die heute welt bekannte Auszeichnung. In Deutschland kann der Preis mit steuerabzugsfähigen Spenden unterstützt werden: Dachstiftung für individuelles Schenken, IBAN: DE 9743 0609 6701 0370 0802 Ein Land erwacht aus Apathie Eine Sache des Herzens Die Einsicht, die inmitten der Krise bei der kenianischen Professorin Wangari Maathai wuchs, war visionär: Mehr Bäume, so erkannte sie, waren die Lösung – das Land müsste neu »verwurzelt« werden. Bäume konnten Feuerholz liefern, Früchte, Heilkräuter und neue Rohstoffe für Häuser. Bäume konnten die Schönheit der Landschaft wiederbe leben und mit ihr die Liebe zum Land – sie lieferten Lebensqualität, Nahrung für Leib und Seele. Der Impuls wurde besonders von den mittel losen Frauen in den kenianischen Slums begeistert aufgegriffen. Innerhalb von zehn Jahren waren Millionen von Bäumen gepflanzt, Kenia war von einem Netz grüner Gürtel überzogen. Die Landbevölkerung hatte ihr Selbstbewusstsein wiedergefunden. »Das Wundervollste an den Bäumen war ihre Lebendigkeit«, so Wangari Maathai: »Je mehr sie wuchsen, desto tiefer traten die Menschen mit ihnen in Beziehung, freuten sich an ihnen, pflegten sie. Aus einer Aktion gegen die pure Not war eine Sache des Herzens geworden. Und ohne große ideologische Aufklärung hatten alle verstanden, dass Umwelt, regionale Entwicklung, Eigenini tiative, Gemeinschaftsbildung und bessere Zukunftsperspektiven eng miteinander verwoben sind.« Die Bewegung der Baumpflanzerinnen wurde politisch, stellte die Dik tatur infrage, eine Massenbewegung stürzte den damaligen Machthaber. Die Bäume begannen nicht nur, das Land aufzuwerten und das Leben der Frauen zu erleichtern. Der Mythos, hilflos der Armut und Zerstörung ausgeliefert zu sein, zerbrach. Zukunft wurde erahnbar, eine bessere Welt für künftige Generationen sichtbar. Dem verbreiteten afrikanischen Selbstbild als Versager und Opfer im globalen Konkurrenzkampf hatten die Schwächsten der Schwachen ein nachhaltiges Modell entgegengesetzt. Neue Einsichten, neues Selbstbewusstsein, neuer Stolz, neue Forderungen waren daraus wie von selbst entstanden. Die Menschen hatten sich selbst entwickelt. Am 25. September 2011 stirbt Wangari Maathai mit 71 Jahren in Nairobi zwar an Krebs. Die Idee der »grünen Gürtel« aber wird weltweit aufgegriffen und umgesetzt. Aus dem einen symbolischen Baum waren im Laufe ihres Lebens drei Milliarden geworden. Und in ihrer Heimat ist sie als Mama Miti, die »Mutter der Bäume«, zur unsterb lichen Legende geworden. ››› Geseko von Lüpke In der nächsten Ausgabe berichten wir von der Aufforstungsarbeit des Preisträgers Tony Rinaudo.

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