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Alnatura Magazin August 2020

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40 JAHRE »ALTERNATIVER

40 JAHRE »ALTERNATIVER NOBELPREIS« Vom Beatnik zur berühmtesten Hebamme der Welt Die 1940 geborene Ina May Gaskin wird häufig als die »berühmteste Hebamme der Welt« bezeichnet. Wahrscheinlich ist sie das wirklich, und auch die Jury des »Alternativen Nobelpreises« zeichnete sie für ihr Wirken aus. Gaskin lehre und verbreite Geburts methoden, die Frauen in den Mittelpunkt stellen und die körperliche wie geistige Gesundheit von Mutter und Kind fördern, begründete die Jury ihre Entscheidung. Im Juni 1969 brach Ina May Gaskin mit ihrem Mann Stephen und Hunderten weiterer Hippies aus der Gegend von San Francisco in alten Schulbussen auf, um irgendwo im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu siedeln und eine andere Welt im Kleinformat zu errichten. Auf dem Weg passierte etwas, was den weiteren Weg von Ina May Gaskin für immer prägen sollte: In Evanston im Bundesstaat Illinois galt es, eine spontane Geburt im Schulbus zu bewältigen. Das Baby kam nach einer Stunde dank ihrer Hilfe gesund zur Welt. Ina May Gaskin wusste seitdem um ihre Lebens aufgabe. Geburt auf natürliche Art Wenig später kam der Schulbus-Konvoi voller Sinnsuchender zum Stillstand: Man hatte gefunden, wonach man gesucht hatte, einen Fleck Erde unweit von Nash ville, auf der die Beatniks das erste Ökodorf Nordamerikas aufbauten: »The Farm« experimentierte mit biologischer Ernährung und nachhaltigen Energien, organisierte mit der Initiative »Plenty« sogar Entwick lungshilfe in aller Welt. Ina May Gaskin errichtete mit anderen Frauen das erste Geburtshaus und wurde die leitende Hebamme in der damals einmaligen Einrichtung für sanfte, »natürliche« Geburten. Denn der Beruf der Hebamme war in vielen Staaten der USA verboten, Geburten waren die Domäne meist männlicher Ärzte. Das alternative Geburtshaus in Tennessee wurde schnell bekannt, aus den ganzen USA reisten Frauen auf die Farm zu Ina May, unter deren sanften Händen über die Jahre mehr als 2 000 Babys das Licht der Welt erblickten. Nur bei einer Handvoll Geburten war es notwendig, dass eine hochschwangere Frau in das rund eine halbe Stunde entfernte nächste Krankenhaus gebracht werden musste. Ina May Gaskin, die selbst auf dem Land aufwuchs, setzte auf traditionelles Hebammenwissen, vertraute dem Körperwissen der Der Right Livelihood Award kurz gefasst Der Right Livelihood Award, eher bekannt als der »Alternative Nobelpreis«, wird seit 40 Jahren an Menschen verliehen, die erfolgreich an einer nachhaltigen und enkelkindertauglichen, freien, gerechten und friedlichen Zukunft bauen. Die bislang 178 Persönlichkeiten aus 70 Ländern gelten als »Heldinnen der Gegenwart« und Pioniere einer anderen Welt. 1980 verkaufte der deutsch -schwedische Philanthrop Jakob von Uexküll seine wertvollen Briefmar ken und stiftete die heute welt bekannte Auszeichnung. In Deutschland kann der Preis mit steuerabzugsfähigen Spenden unterstützt werden: Dachstiftung für individuelles Schenken, IBAN: DE 9743 0609 6701 0370 0802 Gebärenden und sorgte dafür, dass sich eine Entbindung ungestört entfalten konnte. Und wenn einmal ein Kind falsch lag, dann massierte die immer berühmter werdende Hebamme den Bauch der werdenden Mutter sanft so lange, bis das Kind sich drehte. Die Methode wurde weltbekannt und fand Eingang in die Lehrbücher – das »Gaskin-Manöver« ist eine bei Hebammen heute weltweit bekannte Technik. Ina May wusste aus eigener Erfahrung, wie es am besten ging: Ihr erstes Kind hatte sie im Krankenhaus zur Welt gebracht, unter traumatischen Bedingungen mit Zange und Saugglocke und gestressten Ärzten. »Nie wieder!«, hatte sie sich geschworen und gebar vier weitere Kinder auf natürlichem Weg. Für ihre unzähligen Fans ist Ina May Gaskin vor allem eine, die Frauen das Selbstvertrauen vermittelt, es auf natürlichem Weg zu schaffen und zu genießen. 42 Alnatura Magazin August 2020

Ina May Gaskin erhielt den »Alternativen Nobelpreis« im Jahr 2011. Sie setzt sich für eine selbstbestimmte Geburt und eine vielfältige Geburtskultur ein. Mit einer Menge Tricks Ina May Gaskin ist ein Phänomen: Keine einzige ihrer Geburten ging schief, kein Baby, auch keine einzige Frau starb bei der Geburt. Ina May Gaskin sprach in einem Interview mit The Guardian anstatt »Schmerzen« von »interessanten Gefühlen, auf die man sich ganz konzentrieren« müsse. Sie spricht auch nicht von »Wehen«, sondern von einem »Anschwellen«. Es gab im Geburtshaus auf »The Farm« keine Pharmazeutika, kein Betäubungsgas oder Sauerstoff, nur ruhige Geburtsräume und Becken für Wassergeburten. Je größer die Entspannung, desto leichter die Geburten: »Wir wenden eine Menge Tricks an«, sagt sie. »Wir erzählen Geschichten, wir bleiben ruhig, wir bereiten die Frauen auf das vor, was kommt und was sie fühlen werden. Mit Humor funktioniert es am besten.« Als Ina May Gaskin Anfang der 1970er-Jahre im Ökodorf »The Farm« ihr Geburtshaus errichtete, war der Beruf der freien Hebammen in Nordamerika annähernd abgeschafft. Eine männlich dominierte Ärzteschaft sah Geburten als gefährliche Krisen, die in Krankenhäusern behandelt gehörten, wo Hebammen nur noch assistierten. Hausgeburten waren mancherorts sogar verboten. Das hatte freie Hebammen zu so etwas wie einer aussterbenden Spezies gemacht. Im durchgetakteten Klinikalltag passen Geburten selten zum schlanken Management. Immer häufiger empfehlen Ärzte Geburten nach Termin per Kaiserschnitt, die in manchen Ländern schon bis zu 90 Prozent der Entbindungen ausmachen. Ina May Gaskin hat diese Entwicklung ihr Leben lang scharf kritisiert. Ihr Buch »Die selbstbestimmte Geburt« wurde zu einem Bestseller. Grundsätzlich ist Ina May Gaskin der Meinung: »Der Zauber besteht eigentlich nur darin, die Gebärenden so zu begleiten, dass der Körper tut, was er sowieso kann.« Die Jury des »Alternativen Nobelpreises« meint dazu: »Ina May Gaskin ist ein Vorbild für Hebammen, die es wagten, andere Wege zu gehen im Versuch, Geburtshilfe menschlicher zu gestalten, und die den Frauen die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, welche Art der Entbindung für sie persönlich die richtige ist.« Als sie den renommierten Preis von der Jury des »Alternativen Nobelpreises« entgegennahm, erhoben sich die 400 Gäste im schwedischen Parlament zu einer stehenden Ovation. Die Frau mit den besonderen Händen stand berührt und ein bisschen ungläubig vor der Weltöffentlichkeit. Und als der Trubel sich legte, sagte sie schlicht: »Meine Vision einer besseren Welt wäre, das Beste der modernen Technologie herzunehmen, um es in einer wirklich intelligenten Weise zu nutzen – ohne dabei die uralten Weisheiten zu verlieren, die zukunftsfähig sind.« GvL In der nächsten Ausgabe berichten wir über den deutschen Biologen und Agrar wissenschaftler Michael Succow.

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