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Alnatura Magazin April 2019

Oster-Rezepte für jeden Feiertag // Warenkunde: Hühnereier // Die Herkunft der Alnatura Eier

GESELLSCHAFT Raumfahrt

GESELLSCHAFT Raumfahrt stärkt das Wir-Gefühl Warum Astronauten beim Anblick der Erde weinen: ZEIT-WISSEN-Autor Niels Boeing über die kollektive Erfahrung, ein Mensch zu sein. Vor fast 50 Jahren vollbrachte der Homo sapiens ein Kunststück, das aus dem Verlauf seiner Evolution nicht zwingend vorherzusehen war: Er setzte seinen Fuß auf einen fremden Himmelskörper. Am 21. Juli 1969 um 2:56 Uhr Weltzeit betrat er in Gestalt von Neil Armstrong den irdischen Mond. Eine halbe Milliarde Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer verfolgten den Schritt daheim auf ihrem Planeten. Von der damaligen Euphorie ist nicht viel übrig geblieben. Viele verweisen auf die immensen Kosten von Raummissionen mit Besatzung, die in keinem Verhältnis zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. So viel Aufwand für ein paar Brocken Mondgestein? Und erwähne hier keiner die Teflonpfanne! Die Internationale Raum station (ISS), die seit dem Jahr 2000 durchgehend Besatzung hat – rausge schmis senes Geld, sagen manche. In einer reinen Kosten-Nutzen-Rechnung könnte die Raumfahrt mit Besatzung schlecht dastehen. Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit hat sie jedoch etwas Hochinteressantes zutage gefördert. Zu besichtigen war dies erst wieder kurz vor dem jüngsten Jahreswechsel, als ISS- Kommandant Alexander Gerst aus der Aussichtskuppel der Raumstation eine Videobotschaft nach unten schickte. In dieser »Nachricht an meine Enkelkinder« schwärmte Gerst, er schaue gerade wieder »auf euren wunderschö- nen Planeten herunter«. Dann sagte er: »Obwohl ich schon fast ein Jahr im All verbracht habe und an jedem einzelnen Tag da runtergeschaut habe, kann ich mich einfach nicht daran sattsehen.« Bereits vor dem Abflug zu seiner zweiten Mission hatte er allerdings auch beschrieben, dass aus der Erd umlaufbahn etwa das schockierende Ausmaß der Abholzung des Amazonas- Regenwaldes und die »Explosionen, Raketen, Bomben« in Kriegsgebieten deutlich zu sehen seien. »Bedrückend« nannte Gerst diese Erfahrung. Kein Zweifel: Seine Monate im All haben ihn verändert. Der Erste, der solchen und ähnlichen Schilderungen Aufmerksamkeit schenkte, war der US-Publizist Frank White. 1987 prägte er den Begriff »Overview-Effect« für die veränderte Einstellung zu unserem Planeten bei Astronauten, die ihn »von oben« gesehen hatten. Sie ist geprägt von Ehrfurcht vor der Zerbrechlichkeit der Erde, von Empathie für die Menschheit, von einem Gefühl der Einheit. »Dieses Gefühl der Einheit ist nicht bloß eine Be - o bachtung«, sagte der russische Kosmonaut Juri Artjuschkin. »Darin liegt ein starkes Empfinden von Mitgefühl und Besorgnis über den Zustand unseres Planeten und die Auswirkungen menschlichen Handelns.« Der kanadische Astronaut Chris Hadfield wird noch drastischer: Da oben gebe es »die anderen« nicht mehr, wenn man 40 Alnatura Magazin April 2019

März / April 2019 NR. 02 ANZEIGE WISSEN Exklusiv: ZEIT WISSEN-Gespräch mit ALBERT EINSTEIN alle 15 Minuten über menschliche Städte fliege, die sich aus der Perspektive der Umlaufbahn viel mehr gleichen, als dass sie sich unterscheiden, sei es in Afrika, in Australien oder in Indonesien. »Diese allumfassende Empfindung einer gemeinsamen kollektiven Erfahrung, ein Mensch zu sein, überkommt einen an Bord eines Raumschiffs.« Eine solche Empfindung haben Astronauten verschiedenster Nationalitäten gehabt. »Aus dem Weltraum sah ich die Erde – unbeschreiblich schön, die Wunden durch nationale Grenzen verschwunden«, beschrieb es der syrische Kosmonaut Mohammed Faris. »Wir sind Bürger des Weltalls«, formulierte es der Japaner Soichi Noguchi. Nun könnte man einwenden, dass Astronautinnen und Astronauten nicht dem Durchschnitt der Bevölkerung entsprechen. Sie werden längst auch danach ausgewählt, ob sie teamfähig sind, also eine gewisse Fähigkeit zu Empathie und Selbstbeherrschung haben. Doch selbst egozentrischere Charaktere erlagen dem Overview-Effekt. Alan Shepard etwa, 1961 der erste US- Amerikaner im All, Militärpilot, selbstbewusst bis zur Arroganz. 1971 nahm er dann an der dritten Mondlandung teil. Er habe sich vorher nicht vorstellen können, dass ihn der Anblick der Erde mitnehme, sagte er später. »Aber als ich dann auf dem Mond stand und zum ersten Mal zur Erde zurückschaute, habe ich geweint.« Die Raumfahrtforschung hat den Overview-Effekt lange übersehen. Sie interessierte sich für den Muskelschwund von Astronautinnen und Astro nauten und andere körperliche Veränderungen. Dabei ist der Anblick des eigenen Heimatplaneten eine neue Erfahrung, auf die die Evolution uns nicht vorbereitet hat. »Ich vermute, dass der Kontrast zwischen der krassen Leere des Weltraums und der fragilen Position der kleinen Erde im Universum ein wichtiger Teil des Overview-Effekts ist«, sagt der Psychologe David Yaden von der University of Pennsylvania. Ein Kontrast, der selbst das Raubein Alan Shepard bewegt hat. Yaden plant eine Studienreihe mithilfe von Virtual Reality, um den Effekt besser zu verstehen. Der Overview-Effekt lässt künftige Weltraumhotels in der Erdumlaufbahn in anderem Licht erscheinen. Bislang hatte diese Idee eher den Geruch eines dekadenten Extrakicks für Super - reiche. Aber vielleicht könnte ein Weltraumtrip Diplomatinnen und Diplo maten, Staatschefinnen und Staatschefs von ihrem engen Blick auf die Gegenwart befreien? Der Weltraum als Teil der Ausbildung des diplomatischen Korps, zum Wohle der Menschheit. ››› Gastbeitrag Niels Boeing, ZEIT WISSEN Niels Boeing ist Physiker und Wissenschaftsjournalist. Die ungekürzte Fassung seines Textes lesen Sie in Ausgabe 2/19 von ZEIT WISSEN. WISSEN Ich kann auch anders! Schluss mit immer lieb. Wie man seinen Willen stärkt und einsetzt + Test: Welcher Willenstyp sind Sie? Charmant, überraschend, bereichernd: ZEIT WISSEN steckt voller Impulse und Inspirationen für Ihren Alltag. Wagen Sie den Perspektivwechsel, denken Sie weiter als andere und entdecken Sie mit ZEIT WISSEN Neues aus Wissenschaft und Forschung. Sichern Sie sich jetzt Ihre Gratisausgabe! Einfach Gutschein-Code ZW944AN04 eingeben unter zeit.de/zw-gutschein pure Beruhigende Pflege gegen unreine Haut Der pure purifying cleanser reinigt porentief und klärt Unreinheiten. Die Haut wird verfeinert und erfrischt. Das pure anti-spot gel wirkt antibakteriell und unterstützt die Abheilung. Beruhigt, klärt und schützt unreine und entzündete Hautpartien. santaverde.de

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