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Alnatura Magazin - April 2017

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HERSTELLER-REPORTAGE Ein

HERSTELLER-REPORTAGE Ein guter Tropfen Lemonaid bietet seit 2009 fair gehandelte Bio-Limonaden, Eistees und seit Kurzem auch Heißtee an. Das Unternehmen ist eng mit dem gemeinnützigen Verein Lemonaid & ChariTea e.V. verknüpft. Alnatura traf Gründer Jakob Berndt in Hamburg. Redaktion: Gemeinsam mit Ihren beiden Freunden Paul Bethke und Felix Langguth haben Sie Lemonaid gegründet? Wie kam es zu der Idee? Jakob Berndt: Unser Grundmotiv war nicht, dass uns der Limonadenmarkt so wahnsinnig reizt. Unser langjähriger Freund Paul hatte vor dem Hintergrund seiner Entwicklungsarbeit den Entschluss gefasst, ein Unternehmensmodell mit gesellschaftlicher Wirkung aufzubauen. Er hat uns überzeugt. Also kündigten wir unsere alten Jobs und sagten: »Versuchen wir das einfach mal.« Wie haben Sie sich das Wissen für die Limonadenherstellung angeeignet? Autodidaktisch. Wir kannten die Branche und den Markt nicht. Wir wussten nur: Wir wollen eine ökologisch und sozial maximal nachhaltige Limonade machen. Wir wussten mit welcher Rezeptur, aber nicht, wie sich das industriell umsetzen lässt. Also haben wir sehr vielen Menschen sehr viele Fragen gestellt. Welches waren Ihre ersten Produkte? Angefangen haben wir mit der Limettenlimonade und den drei Eistees Charitea Black, Green und Red. Dann kamen im Laufe der Zeit noch zwei Limonaden und der Mate-Eistee sowie vor Kurzem die heißen Tees hinzu. Die Idee entstand durch die Zusammenarbeit mit den Kooperativen, die uns auch schon den Tee für unsere Eistees geliefert haben. Wir haben bei Besuchen erfahren, was sie außerdem produzieren und haben so das Sortiment um Heißtee erweitert. Wie verknüpfen Sie Entwicklungsarbeit mit Ihrem Unternehmen? Formal mussten wir Unternehmen und Verein trennen, also haben wir zeitgleich zum Unternehmen den gemeinnützigen Verein Lemonaid & ChariTea e.V. gegründet. Räumlich sind wir aber nur zwei Türen voneinander entfernt. Und inhaltlich arbeiten wir natürlich eng zusammen. Die Idee war von Anfang an, pro verkaufter Flasche einen Betrag an den Verein zu spenden – fünf Cent pro Flasche und zehn Cent pro Heißtee. Alle Projekte des Vereins realisieren wir in Regionen, in denen unsere Hersteller die Rohstoffe für unsere Produkte anbauen, wir wollen dort ein Know-how aufbauen. Im Moment sind das Paraguay, Sri Lanka, Mexiko und Südafrika. In Zukunft kommen noch Indien, Ruanda, Ägypten und Argentinien hinzu. Wie viel konnten Sie bis heute für Ihre Projekte sammeln? Insgesamt sind es jetzt mehr als 1,5 Millionen Euro. Wie wird darüber entschieden, welche Projekte verwirklicht werden? Das passiert in einer Mischung aus externer Evaluation, öffentlicher Ausschreibung und natürlich persönlichem Kontakt vor Ort. Bislang hat sich viel im Dialog mit den Leuten vor Ort entwickelt. Unser Anspruch ist es, dass sich die Hilfe nach den realen Bedürfnissen der Menschen richtet. Wir haben den Prozess jetzt etwas geöffnet und zum zweiten Mal Projekte öffentlich ausgeschrieben. Ein Vereinsbeirat aus sieben Experten diskutiert und berät über die Projekte. Stehen bei der Vergabe der Projekte bestimmte Themen im Fokus? Es geht immer um Empowerment, also darum, die Unabhängigkeit der Menschen zu fördern. Lokales Unternehmertum ist hier ein Weg: In Mexiko unterstützen wir eine indigene Hochschule, in der junge Frauen zu Sozialunternehmerinnen ausgebildet werden, um eigene kleine Businessideen zu verwirklichen. In Sri Lanka fördern wir eine Berufsschule. Es geht immer darum, neue Möglichkeiten vor Ort aufzuzeigen. Vor allem auch, um eine Alternative zur Landflucht zu bieten. Mit den UN-Nachhaltigkeitszielen wurden internationale Ziele unter anderem für den fairen Handel formuliert – allerdings ohne sich verbindlich auf Maßnahmen festzulegen. Welche politischen Schritte wären notwendig, damit der Handel global fair wird? Je größer eine Institution ist, umso unverbindlicher wird es ja häufig. Wir als kleiner Laden können da viel konkreter sein. Generell finde ich es in der Debatte um fairere Handelsstrukturen und nachhaltigere Landwirtschaft schwierig, dass die Schuld immer bei anderen 26 Alnatura Magazin 04.2017

Lemonaid-Projektreise nach Paraguay, 2016: ökologische Landwirtschaftsschule San Juan, ein von Lemonaid & ChariTea e. V. unterstützes Projekt (links). Rohrzuckerbauern der Kooperative Asocace in der Region Guarambaré (links unten). Die Rohwaren aus den ChariTea-Eistees, zum Beispiel fairer Rooibos aus Südafrika, gibt es jetzt auch als Solo-Zutat – zum selbst aufbrühen (unten).* gesucht wird. Die Industrie verweist auf den Konsu menten, der Konsument auf den Staat und der Staat auf die Industrie. Ich denke, dass sich jeder seiner Verantwortung bewusst werden und danach handeln sollte. Wie konkret setzen Sie fairen Handel um? Wir arbeiten fast ausschließlich mit kleinbäuerlichen Ko operativen zusammen. Wir wollen einen engen Draht zu den Bauern und sind mindestens einmal im Jahr vor Ort. Wenn man erlebt, wie viel Arbeit, Knowhow und Liebe in dem Produkt stecken, kommt man mit einem ganz anderen Gefühl der Wertschätzung zurück. Das drückt sich dann auch in einer adäquaten Bezahlung aus, für Rooibos zahlen wir im Vergleich zu den Marktpreisen viermal so viel. Und diesen Preis finden wir angemessen für diese tollen Rohwaren. Er ermöglicht den Menschen, langfristig zu planen, soziale Strukturen auszubilden und unabhängig zu sein. ››› Das Gespräch führte Gabriele Storm Lemonaid kurz gefasst Lemonaid Beverages GmbH, Hersteller von fair gehandelten Bio-Softdrinks und Heißtees Gründung 2009 in Hamburg von Jakob Berndt, Paul Bethke und Felix Langguth Mitarbeiter 70 Export seit 2015 nach Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Holland, Österreich und in die Schweiz Weitere Infos unter lemon-aid.de lemonaid-charitea-ev.org charitea.com * Nicht in allen Filialen erhältlich. Alnatura Magazin 04.2017 27

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